Grosses Kino

Eines hat sich noch immer nicht geändert in Bangalore. Die Metro ist nicht fertig. Obwohl ein Teil der Ost-Westverbindung steht, aber das reicht nicht aus, um den Verkehr dieser bald 10 Millionenstadt zu beruhigen. Dennoch ist es schön an einen vertrauten Ort zu gelangen beim Reisen. Wir kamen bei Chandans Eltern unter und folgten seinen Tipps. Es gab erneut das beste Biryani, wir besuchten die Bar einer der lokalen Brauereien “Toit” und tranken richtig gutes Bier, ich verbrachte viele Stunden bei Chandans Mutter in der Küche und notierte fleissig Rezepte und quälte mich morgens um 4.30 Uhr aus dem Bett, um mich von Chandans Vater in Yoga unterweisen zu lassen. Eines Abends kommen Chandans Eltern mit einer Überraschung. Wir gehen ins Kino. Der Film ist in Hindi “Jay Ho” aber wir werden schon verstehen und tatsächlich, die Story ist trivial, aber die Inder sind zum Schreien. Betritt der Held die Leinwand beginnen sie zu Johlen und Juben. Buhrufe kommen beim Bösewicht. Wobei auch der Gute in meinen Augen sinnlos Leute vermöbelt, doch das scheint in Ordnung. Er ist gut und er prügelt nur Böse. Pallavs Mitbewohner kommentierte nur: “Erwarte nicht in den ersten drei Wochen nach Filmrelease ein Wort zu verstehen im Kino.”

Hennatatoo der Braut in Entstehung.

Nach diesem Film war es Zeit Abschied von Nico zu nehmen und zurück nach Kerala zu reisen, denn auf mich wartete eine Hochzeit und was für eine. Varun (mein ehemaliger Mitbewohner aus Bangalore) heiratete Rose. Wir waren direkt in Kochi bei den Backwaters untergebracht, hatte einen fantastischen Ausblick und ich teilte das Zimmer mit Neha. Nehe ist cool, aber nicht zu cool.

Tanzlektion.

Als erstes bekamen alle Frauen Mendi (traditionelle Hennatatoos), während Musik gespielt wurde und ich in indischen Tänzen unterwiesen. Alle waren begeistert, dass ich keine oder wenig Scheu hatte mich zu blamieren und wir hatten einen wunderbaren Nachmittag. Rose die Braut hatte filigrane Verzierungen auf Armen und Füssen. (Die Füsse sind der Braut vorbehalten) Daher konnte sie lange nicht mit tanzen, aber vor allem ihre besten beiden Freundinnen unterhielten sie fleissig und animierten alle nicht zu ermüden und sich weiter Tanz und Tequila* hinzugeben. Auch Roses Mutter wurde nicht geschont.

Erschöpft aber glücklich nach dem Tanzen.

Später gab es verschiedene Darbietungen von Freunden und Verwandten. Es schien als könne die Hälfte der Familie tanzen und singen. Am passendsten war allerdings Harsh mit seiner Gitarre, der “Kiss from the Rose” spielte. Im Anschluss tanzten alle. Vom ersten Musikton an stand bis zu Grosseltern jeder einmal auf der Tanzfläche. Eigentlich schade, dass es bei uns immer so viel braucht, bis sich einmal jemand bewegt. Hier scheint es im Blut zu liegen.

Um 23 Uhr war der Tanz leider schon fertig, denn länger war nicht erlaubt. Wir assen  noch kurz etwas, dann ging es weiter in unser Appartement mit wunderbarem Blick auf die Backwaters in Kochi. Dies war erst der Vorabend und er war noch nicht zu Ende. Nach der Afterparty in unserem Appartement gingen Neha und ich noch zu Harsh und seinen Freunden. Sie spielten im Zimmer Gitarre und sangen. Später kam Varun auch noch hinzu. Er war erstaunlich entspannt. Ich glaube mir wäre es anders gegangen am Vorabend vor der Hochzeit. Aber er war wohl einfach glücklich.

Ich mit Mendi.

*Sie nannten es Shots, ich Gläser. Wobei sie zum Teil mit Wasser verdünnten. Meines war aber auf alle Fälle pur.

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Eine entspannte Stadt

Mysore ist bekannt für den Palast und den Markt. Auf dem Markt sind vor allem Früchte und Gemüse zu kaufen. Aber auch Farben. Diese sind für religiöse Zwecke. Den Palast habe ich nur von aussen gesehen und bin stattdessen ins Eisenbahnmuseum gegangen. Das war spannend. Allerdings nicht, weil es so informativ war, sondern weil ich den Zugführer des Toytrains kennen gelernt habe und er ein bisschen von Leben und Familie erzählt hat. Der Charme lag allerdings in Janakis Cafe. Einem entspannten Ort mit dem Besten Honig-Ingwertee.

Mann mit Blumen vor der Seidenfabrik in Mysore.

Weniger entspannt war hingegen eine Bettlerin. Als ich ihr nichts gab, warf sie mir Dreck und ein paar Kieselsteinchen hinterher. Allgemein muss man gut gewappnet sein für die mitleiderregenden Blicke von Kindern und Krüppeln. Ich erzähle Kindern immer, dass sie in die Schule sollen und gebe Bettlern generell selten etwas. Allerdings habe ich einem alten Mann, der am Strassenrand sass und Garn für 5 Rs verkauft hat einen 100 Rs Schein in die Hand gedrückte. Er hatte meinen 10 Rs Schein zuvor so vorsichtig behandelt und sein ganzes Habe gezählt, was 70 Rs entsprach, dass ich für einmal den Drang verspürt habe etwas zu teilen. Aber es ist schwierig. Wann landet es in den “richtigen” Händen und wann nicht? Wer bin ich darüber zu urteilen? Aber prinzipiell gebe ich lieber jemandem etwas, der für einen Hungerlohn arbeitet, als jemanden, der Betteln zur Arbeit gemacht hat. Denn meist stecken dahinter Banden.

Farben auf dem Markt in Mysore.

Dann war da noch die Seidenfabrik, die wir anschauen gingen. Es war eine staatliche Fabrik. Fotos durften keine gemacht werden, aber wir konnten uns all die Maschinen anschauen. Der Lärm war Ohrenbetäubend, doch die Arbeiter hatten einen Gehörschutz. Ich glaube allerdings, dass dies nur in diesen staatlichen Fabriken der Fall ist. Einige der Arbeiter sassen zwischen den hunderten von Spulen und lassen Zeitung, andere waren begierig uns etwas zu erklären. Es war überaus spannend und auch schön. Die winzigen Fäden, die sich durch den Raum verliefen und wie feine, durch ein Dickicht fallende Sonnenstrahlen wirkten. Der letzte Part war das Essen. Da sich Chandan gerade in Mysore aufhielt und jedes gute Restaurant zu kennen schien, befanden wir uns ein paar Tage im Himmel. Nico bekam seine Masala Dosa und ich mein Reis-Thali als Mittagessen.

Der Palast in Mysore von aussen. Ein Wachmann wollte uns den Hintereingang gegen kleines Entgelt zeigen. Was wir natuerlich ausgeschlagen haben. Zusatzverdienst im kleinen.

Danach ging es weiter nach Bangalore. Die Metro hier ist noch nicht viel weiter, der Verkehr immer noch kaum zu ertragen. Etwas besser ist es geworden, aber selbst für indische Verhältnisse herrscht hier Chaos. Was sich ebenfalls nicht geändert hat ist die Art der Abwasserentsorgung. Obwohl es laut Chandans Vater fünf Kläranlagen gibt. Allerdings sind nicht ganz alle Einwohner angeschlossen.

Kanal in der Stadt. Vergleichbar mit dem Geruch in einem Rechenraum.

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Keine Internet-, dafuer Zugverbindung

Es ist seltsam. In der heutigen Zeit mehr oder weniger abgeschnitten von der Kommunikation zu sein. Mein Fahrplan für den Zug ist riesig, gedruckt auf Papier. Er enthält sämtliche Verbindungen in Indien. Entgegen vielem anderen hier ist er überaus systematisch, geradezu intuitiv mit einer kleinen Einführung “how to use” am Anfang versehen. Komplizierter wird es allerdings, wenn dann tatsächlich ein Ticket gebucht werden muss. Eigentlich ginge das relativ einfach online, doch das wurde inzwischen für Touristen fast unmöglich, da fast keine Kreditkarten akzeptiert werden. Das hat zur Folge, dass ich jedes Mal zum Schalter gehen muss. Davor empfiehlt es sich allerdings den Terminal neben dem Schalter zu verwenden. Hier gibt es 3 Optionen. Die erste ist die Abfrage der Ticketverfügbarkeit in einem Zug. Die dritte die Abfrage des aktuellen Platzes in der Warteliste (WL). Die zweite Option ist für Tatkal – last minute tickets gegen einen Aufpreis. Diese Maschine ist wohl DOS-basiert und hat die Möglichkeit über die Zugnummer (nur über das Kursbuch oder Inernet erhältlich) und die Haltestelle eine Abfrage zu machen. Wird eine Zahl falsch angegeben, startet die ganze Abfrage neu. Meist funktioieren die Ziffern. Nicht aber in Bangalore. Ich brauchte etwas mehr als dreissig Versuche. Eine Korrekturfunktion habe ich noch nicht entdeckt. Dasselbe gilt für die Angabe der Haltestelle und das Datum. Mehr kann nicht eingegeben werden. Eine direkte Reservation war bisher eher selten möglich, da auf einzelnen Stecken Billets oft weit im voraus ausgebucht sind das heisst, ich entscheide mich für eine Klasse, für welche die Warteliste nicht all zu lange ist und gehe zum Schalter. Dort steht eine Schlange. Diese Schlange verhält sich nicht immer in gewünschter Reihenfolge, aber es ist deutlich einfacher vorne anzugelangen, als in China. Die Person hinter dem Schalter wirkt anfangs meist mürrisch, entpuppt sich aber fast immer als sehr hilfreich und kompetent.

Blick aus dem Zug auf die Backwaters in Kerala. Es wird langsam waermer.

Auf jeden Fall habe ich für morgen ein Ticket erworben mit WL/42 WL/9. Das alles zu erklären würde etwas lange dauern, doch ich bin über eine gute Homepage gestolpert, die ich jeder Person empfehlen würde, die sich in diesem Dschungel noch nicht auskennt und eine Reise hierher wagt. Der spannende Countdown beginnt. Kann ich zur Hochzeit nach Kochi fahren oder muss ich spontan noch einen Bus buchen? Seit heute Mittag weiss ich, dass ich fahren kann. Allerdings ohne Bett. Ich wurde nämlich von WL zu Reservation on Cancellation (RAC) 49 umgebucht. Sprich wenn noch weitere 49 Personen ihre Reservation tilgen, dann bekomme ich ein Bett. Sonst teile ich mir ein Bett als Sitzpaltz mit einer Person. Wie das genau funktioniert ist mir schleierhaft in der letzten Stunde bin ich immerhin schon auf RAC 42 vorgerueckt, aber wieder auf RAC44 zurückgefallen. Eigentlich ganz spannend. Seit ich weiss, dass ich auf jeden Fall mit dem Zug mitfahren kann bin ich aber einigermassen entspannt (Zumindest hoffe ich, dass man von RAC nicht auf WL zurückfalle kann, denn WL-Tickets bedeuten: keine Mitfahrberechtigung). Ohne Mitfahrberechtigung bekommt man zwar das Geld zurueck, aber ich hoffe ich werde nie herausfinden muessen, wie das geht. Die Alternative Bus ist in meinen Augen nicht sehr berauschend. Die Strassen sind dafür mit zu grossen Löchern versehen und es ist deutlich teurer. Die stark angestiegenen Benzinpreise machen sich eindeutig bemerkbar. Auch beim mit Rikjas durch die Stadt fahren zeigt sich das. Diese Woche gab es daher auch schon Demonstrationen. Die Nahrungsmittelpreise seien ebenfalls angestiegen. Ich vermeide allerdings Diskussionen darüber, denn meine Ansichten dazu scheiden sich ein wenig von vielen Indern.

Einspurig; warten auf den Zug, der vorbei faehrt.

Vor drei Jahren wurde ich in der Sleeper Class noch regelmäßig von Menschen belagert. Das hat sich geändert. Die Menschen scheinen sich an den Anblick von Touristen gewöhnt zu haben. Eine Episode gab es aber trotzdem noch. Am Bahnhof in Bangalore traf ich im Wartesaal auf eine Gruppe Mädchen. Das Volleyball Team von Kerala. Sie fuhren gerade zu einem Turnier und warteten 8 Stunden auf den Anschlusszug. Natürlich stürzten sie sich auf mich.

“Where are you from? What is your Name? Are you married?”

Die ersten drei Fragen. In Kasachstan hatte ich gelernt auch Frauen mit ja auf diese Frage zu antworten. Mein yes löste geradezu Entzücken aus. Bald mischte sich verlegenes Gemurmel darunter. Schlussendlich traute sich das Mädchen, das sich auch meinen Hut geschnappt hatte.

“Love Marriage*?”

“Yes.”

Alle sind begeistert. Ihre Augen leuchten freudig auf und einige klatschen gar aufgeregt in die Hände. Sie wirken glücklich für mich oder träumen für sich von einer so genannten Love Marriage.

* So weit ich das inzwischen verstanden habe, bleibt Indern und Inderinnen bis zu einem gewissen Alter Zeit sich zu verlieben und zu heiraten. Ist dieses Alter überschritten greifen die Eltern ein und machen sich über einen kurzen Fragebogen, der vor allem alle Familiendetails enthält, auf die Suche. Daneben werden noch zwei Fotos mitgesendet. Hobbys und Geburtsdatum sind auch darauf und natürlich, ob die Geschwister schon verheiratet sind. Frauen kommen zuerst zum Zug. Dem Alter nach, dann dasselbe bei den Männern.

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Kontrast in Kerala Strand und Landleben

Erwähnt jemand in Indien Kerala, so erscheint dieser Ort überall gepriesen. Hitze, Palmen, Strände. Viele Hochzeiten finden hier Stadt. Ein Strand davon ist der Kovalam Beach ganz im Süden von Indien. Hier sieht man Frauen in Bikini und stellt fest, dass viele Inder nicht richtig schwimmen können.

Mann am Strand in Kovalam.

Wir suchen dasselbe Hotel, in dem Nico schon früher war. Gleich beim Surfclub, doch hier verlangen sie plötzlich horrende Preise und wollen, dass wir die erste Nacht komplett ausserhalb unter kommen. Doch davor hat uns so ein typischer Verkäufer angesprochen, der vor seinem Hotel sass. Für 2000 Rupien ein Zimmer meinte er (das entspricht ungefaehr 28 CHF, was für Indien doch ein stolzer Preis ist). Nico meinte eher scherzhaft 1000 Rs. Doch wir gingen weiter, denn so einfach wollten wir uns nicht fangen lassen. Doch der Typ – Manu – war uns beiden dann doch deutlich sympatischer, als alle anderen, die wir sahen. Wir gingen zurück, erhielten den von Nico vorgeschlagenen Preis und hatten ein riesengrosses Zimmer mit Balkon, eine Ecke vom Meer entfernt für uns. Im Gegenzug nahmen wir einen undefinierbaren rotbraunen Fleck auf dem Boden und Abfallresten unter dem Bett in Kauf. Aus dieser Basis konnten wir sämtliche guten Restaurants in der Umgebung testen, in den beeindruckend (bis beängstigend – zumindest für mich) hohen Wellen schwimmen gehen und endeten in einem lustigen Saufgelage mit den Hotelangestellten auf der Dachterrasse.

Fischernetze beim Kovalam Beach. Im Hintergrund einer der Fischer, der zurueck zum Land schwimmt.

Wir assen mitunter den besten Fisch und ich konnte morgens den Fischern zusehen, wie sie die Netze an Land zogen und dabei sangen. Wermutstropfen war, dass Manu am folgenden Tag entlassen wurde. Der Manager war sauer, weil er nicht dazu gebeten worden war zum Boosten. Er nahm es allerdings gelassen, war mehr bekümmert, dass er uns nicht mehr tschau gesagt hatte und rief uns schlussendlich an.

Tuepischer Laden in der Naehe von Trivandrum.

Vom Touristengetümmel in Kovalam ging es direkt in ein Dorf in der Nähe von Ernakulam. Jose lebt da mit seiner Familie. Er ist frisch verheiratet. Seine Frau arbeitet in einer Art Klinik. Ganz habe ich es allerdings nicht verstanden. Sie war sehr schüchtern und wir sahen uns leider nur kurze Zeit, denn sie war krank gewesen und musste nun übers Wochenende die verlorenen Stunden aufarbeiten. Sie meinte allerdings, dass das nicht immer der Fall sei, nur weil sie im Stundenlohn angestellt ist. Doch noch bevor wir auf sie trafen, mussten wir erst fast eine Stunde vor ihrem Dormitorium warten, denn nach 22 Uhr ist den Frauen verboten diesen Ort zu verlassen. Sie musste einen offiziellen Antrag schreiben. Alles nur weil unser Zug verspätet war oder wir zu knapp geplant hatten. Auf alle Fälle erreichten wir vollzählig per Auto die Farm. Wir wurden herzlichst begrüsst und unsere hungrigen Bäuche gefüttert. Die Portionen hätten nicht grösser sein können und trotz dem langsam wachsenden Hunger schaffte ich es kaum zu essen. Mund, Hals und Magen brannten förmlich. Eine derartige Menge Chilli hatte ich noch nie in meinen Leben erlebt. Aus Höflichkeit versuchte ich alles zu Essen, doch am nächsten Tag quälten mich erstmals Bauchkrämpfe. Es war Zeit um etwas Milde zu bitten.

Der Kommentar von Jose's Vater: "Oh du hast den Pinienwald fotografiert."

Die Krämpfe waren allerdings schnell vergessen, denn wir durften im Auto erstmals die Hügel in der Umgebung betrachten gehen. Wir sahen einen erfrischend kühlen Pinienwald. Liefen sogar ein paar Schritte, denn viel wird von Indern lieber aus dem Auto hinaus betrachtet oder ist für sie nicht ganz so speziell wie für Westler? Und der Tee. Ganz viel Tee war zu sehen.

Kuh im Teefeld mit Kirche im Hintergrund. In Kerala sind viele Menschen sehr katholisch.

Das Beste kam allerdings auf dem Rückweg. Es gab so viele interessante Sträucher mit unglaublich schönen Blueten und da Jose und sein Vater eine grosse Plantage haben, ging es darum einig dieser Blüten mitgehen zu lassen, um sie selber zu säen. Ich indessen konnte ein paar Fotos schiessen und die Umgebung anschauen. Zudem schien sich keiner an unserem “Diebeszug” zu stören.

Eine der geklauten Blumen, als sie noch in der Natur spross.

Am kommenden Tag war das Essen schon deutlich weniger scharf und ich konnte endlich die vielfältigen Geschmäcker ausmachen. Alles war frisch von der Farm. Ich durfte mit Amma (der Mutter) ernten gehen. Sie zeigte mir alles und wir wurden mit frischer Ananas verwöhnt es war himmlisch.

Nico und ich vor der Huegellandschaft.

Wir waren im Dschungel und teilten unser Zimmer daher mit einigem Kleingetier. Eines war allerdings etwas grösser. Eine Spinne. Amma meinte kein Problem, als wir ihr das Ding zeigten. Ich fotografierte die Spinne munter mit Nicos Zahnbürste zum Vergleich, bis sie ihn ansprang. Was ziemlich schnell ging. Danach fanden wir heraus, dass die Spinne doch giftig ist. Aber nicht lebensgefährlich. Zum Glück ergab dieses Resultat Recherchen im Internet und kein eigener Erfahrungsbericht.

Die Spinne und die Zahnbuerste kurz bevor sie sprang.

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Indische Touristen

Badoda war erneut eine Stadt, die zeigte, dass längst nicht alle Hotels Ausländer akzeptieren. Vor allem die günstigen. Wir hatten nach einem Marathon eine Luxussuite, dessen Rezeptionist sich unserer erbarmte und uns einen durchaus bezahlbaren Preis anbot, als wir relativ spät Abends dort anklopften. Als wir allerdings zwei Nächte bleiben wollten, schien es als würde er dieses Angebot etwas bereuen. Professionell lächelte er allerdings weiter und bediente uns sehr zuvorkommend. Wir schätzten nach vielen kalten Duschen den Komfort umso mehr und ich freute mich darauf die Ruinen in der Nähe von Halol zu erkunden. Dafür mussten wir den Ort allerdings erstmal per Bus finden. Mit etwas Glück und der Hilfe einiger freundlicher Inder gelang uns das allerdings bei Zeiten.

Alte Masjid (Moschee) in Champagne. Dahinter der Huegel auf den wir gestiegen sind mit verschiedenen Temeln und hunderten von Laeden.

In den Ruinen dieser ehemaligen Hauptstadt (Champagne) waren wir fast alleine. Sie waren schön aufbereitet und auf jeden Fall einen Besuch wert. Dann ging es hinauf auf den Aussichtspunkt. Was Natur hätte sein können, entpuppte sich als Gang über einen von Läden gesäumten Pfad. Da die meisten Inder allerdings per Seilbahn (Swiss made) dort hinauf fuhren, hatten wir dennoch einigermassen unsere Ruhe, da die meisten Verkäufer da hausten und wohl gerade mit Abendessen zubereiten beschäftigt waren.

Chilis auf einem Kreisel mit Elefanten dahinter.

Oben allerdings stürzten sich ganze Schulklassen auf uns. Tausende von Fotos wurden geschossen, ich wurde geradezu die Treppe zum Tempel auf dem Gipfel hinauf geschoben. Die Schüler erklärten uns im Gegenzug den ganzen Tempel, hatten richtig Freude uns zu lehren und belehren, holten unsere Schuhe vom Eingang zurück und waren stürmisch-freundlich. Einer wollte mir allerdings hartnäckig meinen Hut abluchsen. Ein anderer machte es geschickter. Er drückte Nico eine 1 Rupien Münze in die Hand und meinte, “here rupie, your currancy”. Nico tauschte und das 10 Rappenstück machte die Runde durch die ganze Klasse – rund 50 Kinder – bis zum Lehrer. Wir waren im wahrsten Sinne des Worte von einer lauten Masse an Kindern umgeben und umschwärmt.

Spinnennetz hinter einer anderen Moschee. Noch nicht viele Touristen sind hier. Daher kann man ueberall hin, wenn man erstmals Eintritt bezahlt hat.

Nachdem wir spätabends zurück gefunden hatten, brachte uns der nächste Zug nach Mumbai, wo wir erneut auf verzweifelte Hotelsuche gingen. Alles schien ausgebucht. Wir wollten schon aufgeben und einen Wandschrank mit Bett für einen horrenden Preis mieten, als ich doch nochmals bei unserem favorisierten Hotel anriefe. “Wo seid ihr?” – “Schon in Mumbai.” – “Wann seid ihr hier?” – “In 10 Minuten.” – “Ok.” Und wir rannten los. Es war ein absoluter Glücksgriff. Das Zimmer, war wie die meisten Budgedunterkünfte in Mumbai ein Wandschrank. Aber er war sauber, die Besitzer waren freundlich und er besass eine Tür (was bei allem anderen nicht der Fall war). Diese Tür öffnete den direkten Blick aufs Meer. Morgens weckte mich sogar die aufgehende Sonne, damit ich noch ein Foto davon machen konnte.

Blic aus dem Hotel in Mumbai.

Abgesehen davon war Mumbai gezeichnet von bestem Essen, ausgezeichneter Gesellschaft (Sapna und Abbi), einem Shopingmarathon im indischen Ausverkauf und langen Fahrten mit dem relativ gut gefüllten Zug, der einen in die Vororte brachte, wo Sapna und Abbi leben. Und das obwohl wir die Spitzenzeiten strickt mieden. Wer den Film Lunchbox gesehen hat, kann sich das genau so vorstellen.

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Alkoholverbot

Nichts von wegen von innen waermen war in Gujarat. In diesem indischen Bundesstaat wurde Gandhi geboren. Seit 1960 ist zudem Alkohol verboten. Auch sind die meisten Restaurants vegan*. Darueber hinaus sollte man selbst beim toeten einer Muecke aufpassen, wer gerade zuschaut. Nicht jeder billigt das. Ob es daran liegt, dass sich weniger westliche Touristen hierher wagen oder weil die Ruinen noch nicht fuer den Tourismus aufbereitet wurden, wie in Rajahstan.

Eine Schulklasse, die sich wie so viele Leute auf uns gestuerzt hat, um Fotos mit einem von uns oder beiden zu machen. Zum Teil ist es kaum moeglich ein paar Meter zu gehen, ohne Fotografiert zu werden. In Bhuj war es allerdings in einem angenehmen Rahmen. Anmerkung: Der Hut lag neben mir, doch die Maedchen mussten mich schon vorher mit Hut gesehen haben, denn noch bevor das erste Foto geschossen wurde, wanderte er auf wundersame Weise auf meinen Kopf.

Wir wagten uns auf jeden Fall nach Bhuj. Das ist ein kleines Staedtchen an der Grenze zu Pakistan ganz in der Naehe der Rann von Kachchh. Hier kann man drei Sekunden vor einem Laden stehen bleiben, ohne von vier Haenden hinein gezerrt zu werden. Eine willkommene Abwechslung und das essen ist unter dem muslimischen Einfluss fantastisch gut. In dem 8 km entfernten Dorf Kukma gibt es auch ein Textilmuseum, das ueber die ganze Handwerksgeschichte der Umgebung berichtet. Naturkatastrophen, Rueckschlaege und der ewige Kampf mit ungenuegend Wasser von nicht ausreichender Qualitaet werden auf spannende Weise ausbereitet. Den Rest erklaert eine Studentin aus Bhuj in gutem Englisch.

Der eigentliche Grund, warum wir nach Bhuj gekommen sind, waren allerdings die Salzmaschen von Kachchh. Wie so oft war dies jedoch nicht das ueberwaeltigende, sondern viel mehr alles rund herum. Die Menschen und die Atmosphaere in Bhuj bildeten einen guten Kontrast zum bisher gesehenen.

Nico am springen in Rann von Kachchh. Vorsicht allerdings, das gibt nasse Fuesse.

Dennoch trieb es uns weiter. Nico hat nur einen Monat Zeit und es gibt noch viele Menschen zu besuchen und ich wollte endlich meinen mitgeschmuggelten Alkohol aus dem Gebiet bringen, in dem er verboten ist. Davor hatten wir allerdings noch einen Zwischenhalt in Ahmedabad. Diesen Ort erreichten wir puenktlich um 5.05 Uhr morgens. Nachdem Nico mich rechtzeitig vor einer Kakerlake gewarnt hatte, die als blinde Passagierin mein Gepaeck besteigen wollte, hinterliessen wir erstmals unsere Rucksaecke am Bahnhof. Da wir noch die Tickets fuer spaeter kaufen mussten und in der Stadt noch nicht viel los war, suchten wir uns zwischen all den Indern – bei denen laengst nicht immer klar war, ob es sich um einen Menschen oder einen Gepaeckhaufen handelte – einen Platz zu ergattern. Saubere Plaetze waren hoechst begehrt. Neben dem Abfalleinmer war noch niemand. Und ja, diesbezueglich hat sich noch immer nichts geaendert, es ist bemerkenswert, dass ueberhaupt Abfalleimer vorhanden sind. Da die Menschen hier aber dennoch oefters den Abfall neben, als in den Eimer werfen, setzten wir uns lieber dem Durchzug beim Eingang aus und versuchten darunter etwas zu ruhen. Nico schlummerte gar friedlich, als “rumps” direkt neben mir ungefaehr ein Quadratmeter des Deckenputzes herunter fiel. Ein paar muede Augen blickten sich um. Keine Aufregung. Das Getuemmel waelzte sich Augenblicke spaeter, normal ueber den Putz, zerkleiner und zerstreut ihn weiter bis der Eindruck entsteht, dass der Staub schon ewig da am Boden liegt. Ja fast zum Bahnhof dazu gehoert.

* vegan heisst in Indien allerdings, dass trotzdem Milch getrunken wird. Es gibt allerdings noch mehr Essensregeln. Die Priesterkaste – die Brahmanen – essen neben vegan keine Zwiebeln, keinen Knoblach und nicht von unter der Erde. Zumindest jener, den ich getroffen habe.

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Prinzipien und ein Feuerwerk

Jodphur, eine spannende Stadt: Indisch-laut und darueber hinaus noch sehr touristisch. “Sir, Sir, Auto?”

“Come in, best … ”

Meist kann man keinen Meter gehen. Dennoch hatten wir Glueck ein Drogist half uns weiter, empfahl und das Heaven Guesthouse und es schien die beste Wahl. Obwohl ein aufmerksamer Mithoerer direkt vor uns ins Hostel huschte, um eine allfaellige Provision fuer das Vermitteln des Zimmers einzustreichen, ging die Besitzerin nicht darauf ein. Da waere auch schon das zweite Bemerkenswerte. Die Besitzerin war eine Frau. Das dritte war der Koch. Ein Nepalese, der seit zehn Jahren dort arbeitet und uns alles auf den Teller zauberte, was wir wuenschten. Meinem ramponierten Magen konnte nichts besseres passieren und der Magen ist dauerramponiert, obwohl ich viel vorsichtiger bin als letztes Mal in Bangalore. Aber der Sueden ist anders. Sauberer, weniger Keime und ich hatte nie diese kriechende Kaelte, der man meist auf keine Weise entrinnen kann.

Abweits der Touristenpfade die huegelige Landschaft um Jodphur mit Blick auf die Festung.

Schon daher war Jodphur einen Stop wert, aber auch wegen der Festung. Ein gigantisches Gebilde, das einem die Orientierung zwischen den verschlungenen Gassen wenigstens ansatzweise ermoeglicht, wenn sich Menschen, Kuehe, Autorikjas, Toeffs und Handkarren zur gleichen Zeit in verschiedene Richtungen hindurchzuzwaengen versuchen. Zu Neujahr wollten wir allerdings auf der Terrasse unserer Herberge ein paar Bierchen trinken, doch die Kaelte schien alle nach innen getrieben zu haben. Um 23.15 Uhr wurde die Terrasse also gnadenlos geschlossen. Und blieben noch 15 Minuten, dann war die Entscheidung gefaellt loszurennen und den Anstieg zur Festung hinauf zu wagen. Wir rannten also, suchten uns auf halber Strecke einen versteckten Ort, kletterten auf ein Mauerstueck, wo uns niemand beim Biertrinken erwischen konnte und schluerften verstohlen daran, bis Mitternacht heranbrach und ein wunderschoenes Feuerwerk von der Festung ueber uns hinab regnete.

Front der Festung aus der Froschperspektive.

In diesem Sinne habe ich das Jahr wunderbar begonnen und ich hoffe euch geht es ebenso.

Dabei faellt mir auf, dass ich die Prinzipien vergessen habe. Es gab naemlich eine ausschweifende Diskussion darueber, ob es fair ist von auslaendischen Touristen den 20-fachen Eintritt fuer die Besichtigung eines Gebaeudes einzufordern, wie von Indern?

Getestetes Wasser auf Indisch. Ich glaube sogleich, dass dieses Wasser einmal getestet wurde. Ob ich es trinken wuerde? - Auf keinen Fall.

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Delhi

Nach einer schlaflosen Nacht im Flugzeug, sind wir in Delhi gelandet. Einer riesigen Stadt, die laut meiner Begleitung so aussieht, als herrsche gerade Krieg. Eine duchaus nachvollziehbare Beobachtung. Wobei es immer davon abhäng in welche Quartiere man sich wagt und ob man sich einen Chaufeur leistet oder nicht.

Taj im Morgengrauen. Hinter mir ungefaehr 15 Fotographen, die denselben Ausschnitt ergattern.

Da ich den Taj Mahal bei Sonnenaufgang sehen wollte – wenn ich mich schon auf eine Touristenfahrt einliess, mieteten wir ein Auto samt Fahrer und machten uns bereits am naechsten Tag um 3 Uhr morgens bei frostiger Kälte auf den Weg. Und Indien kann wirklich kalt sein. Es ist nicht kaelter als in der Schweiz, aber es gibt weder Isolation, noch Heizung. Selbst bei den Reichen. Vollkommen durchgefrohren erreichten wir noch bei Dunkelheit Agra. Wir stiegen vollkommen verschlafen aus dem Taxi und suchten erstmals den Eingang. Irgendwo kamen murmelnde Gesaenge her und leichter Nebel lag ueber dem noch nicht angebrochenen Morgen. Schlussendlich erreichten wir eine Kasse und eine Schlange mit wenigen Menschen. Es war ruhig. Keiner versucht dir irgendwelche Souveniers, die du weder willst, noch brauchst anzudrehen. Dann begann erstmals das Warten. Wir hatten gehoert der Schalter wuerde um 6 Uhr oeffnen, doch anscheinend musste der Morgen ausreichend gegraut haben, um uns Einlass zu gewaehren. Nachdem wir gescannt und unser Gepaeck durchleuchtet waren, durften wir uns mit vielen anderen Menschen auf den Rundgang stuerzen und es ist eindruecklich. Allein die Groesse. Aber der beste Augenblick ist der Blick durch das Tor, der nur einen Bruchteil des Taj zeigt. Es laesst in Menschen verstaendlichen Dimensionen erahnen, wie gigantisch das Bauwerk ist.

Blick auf den Taj.

Nach diesem Besuch machten wir uns auf nach Jodphur. Eine Stadt in Rajachstan. Da wir uns fuer den Taj den Fahrer geleistet hatten, goennten wir uns im Zug die Sleeper Class. Eine eiskalte Nacht, mitten im Durchzug (da die Fenster sich nicht vollstaendig schliessen lassen) erwartete uns und mich eine herrliche Erkaeltung, die sich seither hartnaeckig haelt.

Hintertuere irgendwo beim Taj.

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Heimkehr

An keiner Grenze wurden mir jemals so viele Fragen gestellt, wie bei der Einreise in die Ukraine. Vor allem weil sie wohl das Gefühl hatten, dass der Zettel, der in meinem Pass von der Einreise nach Japan klebte, bedeutet, dass ich da einmal Probleme gehabt hatte an einer Grenze. Wo waren Sie 2004? Ich kam beim besten Willen nicht darauf, dass sie Japan meinten. Sie fragten schnell, viel und nicht sehr zielgerichtet. Wobei ich im Vergleich zu meinen drei Australischen Mitreisenden relativ schnell durchgekommen bin. Kyle und Sebastiaan mussten schon fast etwas zittern, da die plötzlich eine Hotelbuchung wollten, aber er hat gut gepokert und am Schluss seinen USB-Stick hingelegt. “Da ist sie drauf.”

Blick aus dem Hinterhof beim Hostel in Odessa. Hätten wir keine ganz genaue Erklärung gehabt, wo sich das Hostel befindet, wäre es unmöglich gewesen den Hauseingang zu identifizieren.

Odessa war drückend heiss und es wurde zu einem weiteren Abenteuer ein Bahnticket zu lösen. Ist schon spannend, wie kompliziert ganz alltägliche Dinge werden können, wenn eine Sprachbarriere besteht und die Gepflogenheiten eines Lands noch unbekannt sind. Zudem hat von den drei Bankomaten am Bahnhof kein einziger funktioniert. Trotzdem war der Nachtzug nach Chop irgendwann gebucht. Daher bliebt nur noch die Möglichkeit die Ravioli mit den Kirschen drin (kann ich übrigens mehr als empfehlen) zu probieren, mich von den Australiern zu verabschieden und schnurstracks Richtung Budapest zu fahren. Ich teilte das Abteil mit einem Ukrainer. Er war in der Tourismusbranche tätig, ist aber auch schon per Anhalter durch ganz Europa gereist. Mit einem Mischmasch aus Englisch, Deutsch und Russisch unterhielten wir uns. Ich erfuhr eine weitere Lebensgeschichte, während wir Tee tranken.

Abteil im Zug von Odessa nach Chop. Am Boden roter Teppich. Im Gang war ein blauer.

In Budapest verpasste ich dann zum ersten Mal einen Zug, dafür lernte ich einen spannenden Ungaren kennen, der mir mit allem geholfen hat, ehe er selber zu einem Festival nach Deutschland fuhr. Leider hatten die keinen Platz mehr in ihrem Auto, sonst hätte ich gute Gesellschaft und eine Mitfahrgelegenheit gehabt. Stattdessen verrenkte ich mir etwas die Glieder im Zug nach München, denn ich hatte vergessen ausdrücklich nach einem Schlafwagenabteil zu fragen. Leicht müde und verwirrt, dass ich plötzlich wieder alle Menschen um mich herum verstand, erreichte ich mit kleinen Umwegen Zürich. Dort blieben gerade noch ein paar Stunden, um fürs Openair in St. Gallen zu packen und mich in den Schlamm zu begeben.

Posted in Deutsch, Europa, Georgien 2013 | Leave a comment

Mülltrennung

Fast beladen. In der Mitte ist der Lift, um die Eisenbahnwagen und LKWs auf die obere Etage zu heben. Der LKW auf dem Bild hatte den halben Nachmittag den Lift blockiert. Im Hintergrund Poti.

Wir sind tatsächlich noch in jener Nacht losgefahren. Ich lag schon in meiner Kajüte (nach einem Schlummertrunk von unseren Armenischen Nachbarn), als das Schiff verdächtig wackelte. Sogleich habe ich mich angezogen und lief auf Deck. Wir verliessen Poti. Es war kaum zu glauben. Ich jubelte innerlich. Zwei Tage auf See. Hoffentlich zwei, doch waren diese Zeitangaben erfahrungsgemäss eher grobe Richtlinien. Ich war also gespannt.

Letzte Eindrücke von Poti. Kran und Vollmond.

Die See war allerdings ruhig und der nächste Morgen begrüsste uns heiter. Nichts als Wasser war zu sehen und ausser Essen, Lesen, Schreiben und Musik hören blieb nicht viel. Beobachten und ins Meer hinein schauen war eine weitere Beschäftigung. Hin und wieder waren Delphine zu sehen, die uns jeweils ein Weilchen begleiteten und in sehr regelmässigen Abständen schwammen Plastikstücke vorbei. Flaschen, Säcke, was auch immer nich zum Meeresgrund abtauchte. Zum Glück war unser Schiff da besser. Unter Androhung einer Strafe von 50 Dollar wurde verboten irgendetwas ins Meer zu werfen. Sie hatten gar Tonnen, die Essensabfälle von Plastik und anderem Müll trennten. Ich war positiv überrascht.

Mülltonnen auf dem Schiff.

Irgendwann nachmittags packten wir dann selber unseren Georgischen Wein aus, denn weit wollte ich den nicht mehr tragen. Das Gepäck war bereits von den Geschenken meiner Georgischen Freunde so weit angeschwollen, dass ich es kaum zu heben vermochte. Also tranken wir fröhlich, worauf hin die drei Australier bald ins Bett verschwanden. Wenn alles gut lief, dann war das meine letzte Nacht auf dem Schiff. Das musste ich noch nutzen. Ich lehrte Georg aus Georgien kennen, der einen georgischen Laster in alle Welt hinaus fuhr. Er hatte aber eigentlich in Moskau Architektur studiert. Nur gab es keinen richtigen Job als Architekt für ihn in Georgien. Er gab sich nicht unzufrieden und lächelte lieb. Seine Tochter hiess auch Mariane und als ich. Nachdem ich ja bereits eine Flasche Wein geleert hatte, den Wein nur in langsamen Schlücken trank, gebot er den anderen Einhalt, als sie mich dazu anhalten wollten, dass ich mehr und schneller trank. Er hatte hier das Sagen und so lange er in der Nähe war, blieb es sicher für mich. Später begannen die verschiedenen Nationen auf dem Schiff Lieder aus ihrer Heimat zu singen. Zum Teil schön, zum Teil wildes Gegröle.

Unsere Begleiter, die Delphine. Leider habe ich sie nie erwischt, als sie aus dem Wasser gesprungen sind, obwohl ich sehr lange gelauert habe.

Etwas später gesellte sich noch der erste Maat (oder was genau seine Funktion auf dem Schiff war) hinzu. Er hatte sich eben eine Nikon gekauft und holte sich bei mir immer mal wieder Tipps zum Fotografieren ein. Sein Englisch war relativ gut. Wir unterhielten uns, während die Lastwagenfahrer nebenan zu raufen begannen und trotz Rauchverbot – wegen der brennbaren Fracht – wie Schlote qualmten. Er meinte, dass Frauen dafür da sind Mütter zu sein, obwohl er eigentlich aufgeschlossen war. Darauf hin entspann sich eine interessante Diskussion. Denn eigentlich suchte er für sich genau eine Frau, die eine gute Ausbildung hatte, vielleicht eine Künstlerin war und mit ihm die Welt bereisen würde. Er wollte irgendwann in London studieren und sich ein Haus kaufen in Odessa. Er verdiente im Vergleich zu den meisten auf diesem Schiff sehr gut und war belesen. „Der Kahn hier ist nichts.“ Meinte er abschätzig. Muss in Odessa wieder in Reparatur und ich würde besser fliegen, wenn es mir wirklich um die Umwelt ging. Allerdings musste er zustimmen, dass dieses Schiff definitiv nicht wegen der Passagiere fuhr. Es war eine Lastwagenfähre.

Details vom Schiff aus.

Später. Es muss gegen zwei Uhr morgens gewesen sein, genoss ich die Ruhe. Alleine blickte ich zum Vollmond hoch und beobachtete das Feuerwerk, das seine Reflektionen auf dem Wasser boten. Dazu dudelte vom neusten The National Album – Truble will find me – „This time is the last time“ aus meinen Kopfhörern, als plötzlich ein behandschuhter Mann übers Deck wandelte. Er sah mittelmässig vertrauenserregend aus, bemerkte mich jedoch gar nicht, sondern steuerte direkt auf die Mülltonnen zu, hob den Deckel auf, griff hinein und begann Flasche um Flasche, Sack und Essensresten, alles direkt ins Meer hinaus zu werfen. Wut begann in mir zu brodeln und Enttäuschung. Ich machte mich bemerkbar. Nun sah er mich, doch schien ihn das nicht im geringsten zu stören. Es handelte sich wohl um einen Befehl von oben. Ich hatte nicht den Mut ihm die Leviten zu lesen, zumal die Ursache wohl auch nicht bei ihm zu suchen ist. Eigentlich wollte ich den ersten Maat danach fragen, doch sah ich ihn erst kurz vor dem Anlegen wieder und er war beschäftigt. Warum tun sie das? Ist es Unwissenheit? Geht es ums Geld? Zu gerne würde ich das wissen, denn dann kann man etwas dagegen unternehmen, auf der richtigen Stufe ansetzen mit der Reklamation.

Land in Sicht! Und Sonnenaufgang des zweiten Tages auf dem Schiff.

Posted in Deutsch, Europa, Georgien 2013 | Leave a comment