Band on the road

Gestern Nacht konnten wir endlich auf die Fähre. Meine Begeisterung stieg, als ich bemerkte, dass hier Eisenbahnwagen verladen wurden. Allerdings ist es wirklich eher ein Frachtschiff, als eine Fähre. Der einzige Nachteil sie entladen erst. Das heisst seither teilen sich die drei Australier und ich eine Kabine, wir liegen aber noch immer in Poti vor Anker und ich hege langsam Zweifel, dass ich es zum Openair in St. Gallen zurück schaffe. Zum Thema Musik allerdings noch ein lustiges Detail. Zwei der drei spielen nämlich in einer Punkrockband, die auch schon in Indonesien auf Tour war.
Das Warten wird sich noch etwas hinziehen, wobei die Tatsache, dass eine fantastisch Köchin aus Odessa an Bord ist, die uns dreimal pro Tag verwöhnt, der Erfahrung einiges an Schrecken nimmt. Auf die Frage hin, wann wir losfahren hat sie wohl die ehrlichste Antwort erhalten, die jemand auf diesem Schiff geben würde und wohl auch die Präziseste: “Maybe today.”

Ort der ersten Passkontrolle, bevor wir auf die lange Treppe bis zu unserer Kabine hinaufsteigen durften.

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Fähre Poti – Odessa

Kennt ihr das? Ihr habt überall gelesen, dass die Fähre verspätet kommt, dass das Personal unfreundlich ist und das Essen schrecklich. In eurem grenzenlosen Optimismus und mit etwas Abenteuerlust versucht ihr es trotzdem und siehe da, alles scheint zu klappen.

Buntes Haus in Poti. Die Stadt ist deutlich schöner, als ich sie mir anhand der Schilderungen im Internet vorgestellt hätte.

Den Billetteschalter habe ich problemlos gefunden und davor sassen auch gleich drei Australier. Sie hatten bereits ihre Billette gekauft und ich war froh nicht mit den Lastwagenfahrern alleine zu sein. Allerdings würde die Fähre wohl leicht verspätet ablegen, aber damit hatte ich gerechnet. Am Schalter wurde sogleich mein Pass kopiert und ich sollte  in einer Stunde wiederkommen. Nun gut. Auf zum Markt. Zitronen und Kräuter werden helfen den Frass notfalls erträglich zu machen.

Zwei der Georgier, die wir kennen gelernt hatten und zwei der Australier. Sebastiaan ist hinter der Kamera und alle sind leicht müde. Vom Warten?

Zwei Stunden und einen Gang zur Bank später habe ich Essen, Billette – gleich fünf an der Zahl und Gesellschaft. Nur dringt langsam das Gerücht durch, dass die Fähre noch nicht einmal in Poti ist.

Das Gerücht wird zum Fakt. Zum Glück finde ich heraus, dass ein Angestellter der Gesellschaft deutsch spricht. Das Unwetter der vergangenen Nacht hat für Verspätung gesorgt. Die Fähre kommt erst in einem Tag. Dieses Unwetter hatte unter anderem mehrfach sämtliche Lichter in Batumi ausgehen lassen, was übrigens wunderschön war, aus der Perspektive von unter dem Pier, Wein geniessend. Blitz zuckten über das Meer, die Wellen rollten, aber sonst schien alles ruhig.
Auf alle Fälle durften wir uns bereit machen eine oder zwei Nächte mit weiteren Stürmen vor dem Schalter der “Ukraine Ferries” Gesellschaft zu verbringen. Der Gedanke, obwohl abenteuerlich wollte mir nicht richtig behagen. Eine kleine Diskussion mit dem deutsch sprechenden Herrn später, hatte ich seine Nummer und einen Raum mit WC und Dusche für uns vier Gestrandete. Der Tag schien doch noch ein gutes Ende zu nehmen. Dass wir wenige Stunden später Chacha (Schnaps) trinkend mit ein paar Einheimischen in einer Kneipe sitzen würden, setzte dem dann noch die Krone auf. Wobei ich meinen Frauenbonus ausgespielt habe und immer am selben Glas genippt. Die anderen haben indessen fünf Flaschen geleert. Jetzt dösen sie neben mir und ich möchte mit keinem den Kopf tauschen.
Damit schliesse ich erstmals und hoffe, dass die Fähre heute Nacht wirklich ablegt. Ich bin skeptisch.

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Pläne

Morgen geht die Fähre in Richtung Ukraine. Daher habe ich heute Georgien – genauer genommen Batumi – nochmals in vollen Zügen genossen, meinen Gastgeber Adam bekocht, den Markt unsicher gemacht, nochmals Khinkali (eine Art Dumplings) verspiesen und bewaffnet mit einigen vorgefertigten Russischen und Georgischen Floskeln, sowie bereit wild zu gestikulieren, das Reisebüro für Schiffsreisen aufgesucht.

Ein Stand auf dem Markt in Batumi. Die Verkäuferin wollte nicht fotografiert werden.

Frau am Schalter: “Nein, erst am Samstag wieder ein Fähre.”

Mariane: “Ich weiss, aber von Poti.”

Frau am Schalter: “Ja, morgen.”

Mariane: “Billjet?”

Frau am Schlater: “Nicht hier. In Poti.”

Dann kommt ein Anruf und sie ist erstmals damit beschäftigt. Danach erhalte ich die Gelegenheit zu fragen, ob sie da anrufen kann. Sie versteht, ob ich da anrufen kann.

Frau am Schalter: “Geht nicht. Die sprechen nur Russisch da.”

Ich zeige auf die Frau und biete ihr mein Telefon an. Sie versteht. Gibt etwas, was ich als kein Problem deute von sich und ruft an. Ich sollte also morgen direkt nach Poti fahren können und dort direkt die Überfahrt buchen. Sie gibt mir die Adresse, warnt mich allerdings noch, dass das keine Passagierfähre ist, sondern nur Lastwagenfahrer damit übersetzen. Da bin ich ja mal gespannt. Auf jeden Fall sollte ich wenn alles klappt am Freitag in Odessa sein.

Sonnenuntergang in Batumi. Bevor das Licht ausging.

Als ich mit Freitag als Ankunft rechnete, ging ich allerdings noch nicht von dem Gewitter über dem Meer aus, das die Lichter in Batumi in der folgenden Nacht mehrfach ausgehen liess. Stellt euch vor. Die ganze Stadt einfach Dunkel. Nur in der Ferne Blitze, die den Himmel zerreissen.

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Privatsphäre

Ein paar ruhige Tage sind verstrichen. Ich habe sie grösstenteils damit verbracht, dass ich etwas mit meinen Freunden hier unternommen habe. Gleichzeitig habe ich natürlich weiterhin beobachtet, wunderbares Essen genossen und ein paar spannende Menschen kennen gelernt. Allerdings habe ich mir immer wieder eine Frage gestellt: Würde ich die Menschen hier genau so lieben, wenn wir dieselbe Sprache sprechen würden? Wohl kaum, musste ich erst trauriger Weise feststellen, denn wer nicht dieselbe Sprache spricht, muss Zuneigung ganz anders, offen und unmissverständlich kommunizieren. Eigentlich ist das etwas sehr Schönes. Vielleicht geniesse ich es gerade darum so sehr. Wir machen das sonst ausserhalb einer Beziehung sehr selten.

Auf dem Schrottplatz, wo die Fahrstunden stattgefunden haben.

Etwas mehr gewöhnungsbedürftig ist der Fahrstil hier.  Er springt zwischen Vollgas und bremsen relativ ungestuft hin und her. Die einzige, der ich trotzdem vertraut habe, war Aldonas Fahrlehrerin. Sie ist um die 50, verstösst gegen sämtliche Stereotypen hier und ich habe sie schon ins Herz geschlossen, als sie uns mit ihrer Raucherstimme begrüsst hat und mir den Hals küsste. Wohl wegen meinem Hut. Auf alle Fälle kommentierte sie Aldonas Fahrversuche schlotend und demonstrierte am Schluss, wie man diesen Parcours mit Höchstgeschwindigkeit, aber bemerkenswerter Präzision, bewältigt. Danach ging es mit lauter Musik, hupend und ohne Hände am Steuer ins Dorf. Sie hat fünf Rennen gewonnen und ich brauchte definitiv keine weitere Demonstration.

Georgische Schuhe.

Da ist noch eine letzte spannende Sache. Aldona hat inzwischen ein fünf Monate altes Kind, doch es scheint mehr ein Kind der ganzen Gemeinschaft zu sein. Mal ist es bei den Nachbarn, dann bei Tante, Grossmutter oder sonst jemandem, die ja sowieso alle mehr oder weniger im gleichen Haus wohnen. Jeder gehört irgendwie dazu und trägt seinen Teil bei. Der Gedanke gefällt mir. Allerdings ist hier auch die Familie von ihrem Mann. Es ist nicht das Gleiche, wie Aldonas Eltern. Der Umgang ist viel rauer. Ob sie wirklich glücklich ist hier? Ich hoffe es.

Aldona und ihr Kind beim Warten auf den Bus.

Nun bleibe ich noch zwei Tage bei Aldona auf dem Land, danach hoffe ich, dass ich die Fähre in die Ukraine erwische.

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Zurueck in Georgien

Letztes Mal kam ich aus Indien, Indonesien und hielt Georgien für geordnet. Dieses Mal habe ich eine andere Perspektive mitgebracht. Das Hupen fällt auf, der viel zu abrupte und wilde Umgang mit dem Auto, die scheinbare Inexistenz von Strassenmarkierungen, die bettelnden Kinder an jeder Ecke, die zerfallenen Villen und Wohnblöcke. Dennoch ist es schön wieder hier zu sein. Xatuna hat mich schon herzlich empfangen, genau wie die ganze Familie. Nur der Vater redet kaum mit mir. Aber die Rolle der Männer hier ist sowieso etwas speziell. Das durfte ich einmal mehr herausfinden. Dazu jedoch später mehr.

Gebäude in Tbilisi.

Angekommen bin ich direkt aus der Türkei in Batumi an einem drückend heissen Tag. Viele Georgier standen mit mir an der Grenze: Die Einkaufstouristen. Kaum war ich über die Grenze, durfte ich herausfinden: Batumi ist anders. Es gibt viele neue Gebäude. Die meisten sind sehr ausgefallen und kitschig. Es erinnert mich fast ein bisschen ans Disneyland, obwohl ich nie dort gewesen bin. Doch die Hälfte dieser Häuser ist erst halbfertig und stehen zum Verkauf. Daneben zerfallen stilvolle, alte Villen. Batumi wird wohl gefördert weil es am Meer liegt und zumindest Xatunas Augen leuchten, wenn sie von Batumi spricht. Betritt man einen Block, sehen die Treppenhäuser schrecklich aus. Wie bei uns in einem Abbruchgebäude, doch kaum überschreitet man die Schwelle zu einer Wohnung, ist es schön eingerichtet und gemütlich, nichts zeugt vom äusseren Zerfall. Gut, fast nichts. Die Tatsache, dass hier kein einziger Wasserhahn verschliessbar zu sein scheint und damit jede Minute mehrere Liter Wasser unbenutzt in die Kanalisation gelangen, ist schon etwas gewöhnungsbedürftig. Hier gäbe es viel Arbeit für mich.

Beim Brauttanz auf der Hochzeit in Batumi.

Von Batumi ging es weiter nach Tbilisi. Im Zug traf ich einen Amerikaner, der schon länger als Englischlehrer hier lebt, relativ gut georgisch spricht und mit dem ich mich die halbe Nacht unterhalten habe. Ist doch immer gut, wenn man einen Flachmann mit Whiskey bei sich trägt, den man zum richtigen Zeitpunkt auftischen kann. Auf alle Fälle räumte er nicht nur mit vielen Vorurteilen, die ich Amerikanern gegenüber habe auf, sondern erzählte auch, was er so alles überteuert, wenn die Menschen denken, dass er sie nicht versteht. So gastfreundlich seinen die Georgier gar nicht, sie fühlen sich einfach oft überlegen und der Umgang der Männer mit den Frauen sei absolut respektlos. “Even though the women are runnig this country.” Gut Letzteres deckt sich zumindest mit meinen Beobachtungen. Die Frauen arbeiten, studieren und schmeissen den Haushalt zugleich. Sie Sprechen oft um Welten besseres Englisch, als die Männer und die Männer flirten selbst mit einem, wenn die schwangere Frau daneben sitzt. Das ist mir besonders in Batumi aufgefallen, denn ich wurde zusammen mit Franzi – einer Dresdnerin, die ich kennen gelernt hatte – auf eine Hochzeit geschleppt. Es war spannend zu sehen. Das fantastische Essen, das verschwenderisch vor den Gästen aufgetürmt wurde, die lebendige Musik und die Kinder, die bereits wunderbar tanzen konnten. Dennoch gab es Frauentische und Männertische. Am Frauentisch wurde nicht getrunken, vom Rest will ich mal nicht reden. Aber es war interessant zu sehen und nicht alle Leute sind nur oberflächlich gastfreundlich. Die Tolordavas bei denen ich nun wohne sind einfach wunderbar. Es tut so gut Xatuna, Natja und ihren Bruder Dato wieder zu sehen.

Xatuna neben der Kirche Mtkheta, die definitiv ein Ausflug wert ist von Tbilisi aus. Das Dörfchen ist allerdings sehr herausgeputzt für die Touristen.

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Eine der schönsten Wanderregionen in der Türkei – das georgische Tal

Frei nach dem Motto, lass uns Dinge versuchen, die nicht möglich sind, ging die Reise weiter. Ich wanderte von Tekkale (das ist 15 km von Yusufeli entfernt) hoch in die Berge und machte wie immer überall Fotos, bis aus einem Haus eine Frau mit sehr saurem Gesichtsausdruck und erhobener Sichel auf mich zueilte. Da sie in ihrer Eile trotzdem eine gewisse Trägheit besass, beschloss ich ruhig zu bleiben und zu lächeln. Sie kam näher, begann auf mich einzureden. Ich verstand kein Wort. Bis sie “guesel” sagte und mich herzlich in die Wange kniff. Sie begleitete mich, weiterhin munter die Sichel neben sich schwingend, doch mit guten Absichten, wie ich feststellte. Irgendwann verliess sie mich, doch kurze Zeit später musste ich mich neben eine Frau und ihre beiden Kühe in den Schatten eines Baumes setzen. Ungefähr drei Stunden später erreichte ich die Dört Kilisi (übersetzt vierte Kirche, siehe Bild).

Dört Kilisi in der Nähe von Tekkale.

Weiter ging es auf der Suche nach der nächsten Kirche, so lange bis ein Blick auf die Uhr mir verriet, dass ich gerade mal eine Stunde hatte, bis der kleine Dolmush in Tekkale zurück nach Yusufeli und zu meinem Bett fuhr. Die Kirche hatte ich einmal mehr nicht gefunden.

Innenansicht der Dört Kilisi.

Es blieb aber nur eine Möglichkeit: Rennen. Halsbrecherisch ging es den Pfad wieder hinunter. Nur ein einziges Mal stoppte ich, um ein paar Beeren zu naschen, mehr war nicht drin, doch es wurde immer unwahrscheinlicher, dass ich das Ziel rechtzeitig erreichen würde. Plötzlich hielten ein paar Soldaten neben mir. Schön mit Maschinengewehr ausgerüstet und Zigaretten qualmend im Auto. Sie luden mich ein, verpassten mir einen Crashkurs in Türkisch und fragten mich – wie ALLE anderen bisher – was um alles in der Welt ich alleine da mache. Ich will gar nicht wissen, was das Dorf getratscht hat, als sie mich gleich im Zentrum von Tekkale abluden, doch auf jeden Fall erwische ich gemütlich meinen Dolmusch, konnte sogar noch zwei türkische Tees trinken und gönnte mir später mit zwei anderen Reisenden, die ich im Hostel traf, ein Bier und genoss den Abend, bevor es weiter nach Batumi ging.

Ein paar Menschen, die ich mehr per Zufall getroffen habe, sich allerdings als überaus gute Gesellschaft entpuppten. Hier vor 'Ali und Nino' der Statue der Liebe in Batumi.

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Mein persoenliches Luftschloss

Erzurum war mir nicht ganz geheuer, obwohl ich gut gegessen habe und das Hotel ganz akzeptabel war. Also stieg ich in einen Bus. Dieses Mal kleiner und voller, ja genau so wie ich es mir von meiner letzten Reisen gewohnt bin und los ging es durch eine atemberaubende Berglandschaft.

Das Luftschloss nahe Yusufeli. Leider unerreichbar, aber das haben Luftschlösser wohl so an sich.

Das Ziel war Yusufeli. Der Ausgangspunkt für viele Wanderungen und daher mein erster Rastplatz überhaupt. Es soll hier ein Hostel geben mit Baumhäusern so hiess es. Also machte ich mich mit Sack und Pack auf die Suche. Allerdings sah ich in der Ferne eine Burg. Ungeachtet des Gewichts auf dem Rücken und der Mittagshitze hielt ich darauf zu. Einige Stunden später. Das Hostel musste ich schon lange passiert haben, erreichte ich einen Ort wo ich hätte klettern müssen. Ich tat es nicht. Liess Luftschloss, Luftschloss sein und kehrte um. Auf dem Rückweg hielt ein alter Mann mit einem komplett verlotterten Wagen. Er stellte sich als Besitzers des Hostels heraus und lud mich genau dort ab.

Regenbogen über Yusufeli.

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No News is good News

Ich sitze zum ersten Mal in meinem Leben in einem Geschlechter getrennten Internetcafé im Osten der Türkei. Und ich muss sagen ich bin über die strikte Geschlechtertrennung zumindest im Zug sehr froh gewesen. Sie hat mir eigentlich immer ein Einzelabteil beschert, dass ich auch ganz gerne abgeschlossen habe.

Oliver, Emil, Thomas und ich in Sofia. Moment, in welche Richtung fährt das Auto nun?

1. Juni, Abfahrt ab Zürich HB mit dem Nachtzug nach Budapest.

2. Juni, Verspätung wegen eines Erdrutschs in Österreich. 15 Minuten mich vor die Schlange zu drängen und noch ein Ticket nach Belgrad zu ergattern. Die eine Stunde Aufenthalt in Belgrad ist im Vergleich dazu geradezu entspannt, bis sich herausstellt, dass ich keinen Schlafwagen reservieren kann. Der Kontrolleur wird bearbeitet. Zum Glück mit Erfolg. Die regulären 6 Euro bringen mir ein Bett bis nach Sofia und die Gesellschaft eines Iraners, eines Franzosen und eines Schweizers ein. Der Schweizer fährt mit dem Trans-Asia-Express über Iran, Pakistan nach Indien. Zu gerne würde ich einfach alles stehen und liegen lassen und ihn begleiten. Ein Hauch Vernunft siegt allerdings.

Zeitreisen. Im Restaurant des Zugs von Budapest nach Belgrad.

3. Juni, Ankunft in Sofia. Eine spannende schöne Stadt mit wunderbarem Essen. Zehn Stunden Zwischenhalt laden zum Verweilen ein. Leider ist das Kunstmuseum wegen einer Beerdigung geschlossen.

4. Juni, Istanbul. Endlich. Nachdem wir wieder mitten in der Nacht aus dem Zug aussteigen und sehr lange auf die Grenzkontrolle warten mussten, sind wir da. Ich eile als erstes auf die iranische Botschaft. Allerdings bräuchte ich wegen der Wahlen auch für ein Transitvisum eine Registrationsnummer. Die habe ich nicht und die Zeit darauf zu warten fehlt mir ebenfalls. Zumindest, wenn ich irgendwann in Georgien ankommen möchte. Also Entwarnung für alle, die sich schon Sorgen gemacht haben. Zumindest für den Moment. Der Drang in den Iran zu reisen ist noch immer da und wer verhindern möchte, dass ich das alleine tue, soll mitkommen. So einfach ist das. Würde Maloney jetzt sagen. Zu den Ausschreitungen hier kann ich nicht sehr viel sagen. Es geht offiziell um einen Park, doch eigentlich um den Premierminister, den einige nicht mögen und das Verhalten der Polizei. Doch die Bevölkerung scheint gespalten. Ich konnte auf jeden Fall die Zonen gut umgehen, wo es Unruhen gab. In den Medien kommt meist ja nur das Brisanteste. Denn eigentlich ist Istanbul nichts davon anzumerken.

Das Abendessen von meinem Gastgeber und mir. Alles mögliche Kraut und Kräuter mit Zitronensaft übergossen auf einem Plastiktischtuch. Dazu warme Brote und Hacktätschen. Natürlich wird alles von Hand gegessen.

5. Juni, Abfahrt Richtung Ankara mit dem Bus, da die Zugstrecke schon seit einiger Zeit – vor zwei Jahren war das auch schon so – wegen Bauarbeiten ausser Betrieb ist. Dann endlich in Ankara konnte ich einen Zug besteigen. Die gefährlichste Art in der Türkei zu reisen, wie mir gesagt wurde, aber auch mit Abstand die schönste. Der Zug schlängelt sich durch eine traumhafte Landschaft. Das Essen ist ausgezeichnet, die Ruhe einfach wunderbar. Wenn da nicht diese Tatsache wäre, dass ich wie ein Tier ausgestellt in meinem Abteil sitze. Ein Computeringenieur warnt mich vor den bösen Männern. “Trau niemandem. Auch nicht dem Zugpersonal.” Warnt er mich und ich stelle fest. “Also auch dir nicht!” Er stimmt mir zu. Immerhin ein ehrlicher Mensch, der mir eigentlich ganz sympathisch ist. Trotzdem vermeide ich es lieber mich irgendwo anders als im Restaurantwagen mit ihm oder irgendjemandem zu unterhalten. Aber die Ruhe kommt mir auch ganz gelegen.

Abendstimmung aus dem Zug zwischen Ankara und Erzurum.

6. Juni, Erzurum. Nach 24 Stunden Fahrt kommt der Zug an. Ich verlasse mein doch lieb gewonnenes Zuhause sehr ungern und muss feststellen. Das mit dem Reiseführer zu Hause lassen war keine gute Idee. Es ist schon fordernd genug mir all die einst gekonnten Türkischen Worte wieder in Erinnerung zu rufen. Da fehlt Claudia schon, die immer alles wunderbar übersetzen konnte. Gerade in Istanbul wäre es sehr spannend gewesen noch etwas mehr zu erfahren. Wobei ich zum Glück bei einem Couchsurfer war.

Blumen in allen Farben, Felder, dann karge Hügel, später Schneebedeckte Gipfel. Fassetten verschiedenster Formen und Farben sind zu sehen.

Doch so weit so gut. Morgen fahre ich nach Yusufeli und werde dann in Batumi die Grenze nach Georgien überschreiben. Fazit: das lässt sich schon alles ohne zu Fliegen machen. Es ist einfach sehr anstrengend. Allerdings habe ich noch selten so viele Eindrücke in nur einer Woche gehabt.

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Rückdatiert auf den 5. Oktober

Langsam neigte sich die Reise dem Ende zu und ich war nicht mehr alleine. In Istanbul war ich erst mit meinen Studienkollegen unterwegs, dann stiess Claudia zu mir. Mit ihr zusammen besuchten wir ihre Familie in der Nähe von Marmaris. Nicht ohne zwischendurch noch Pamukkale zu besuchen.

Pamukkale.

Allerdings waren wir sehr gut beraten wirklich gleich um 7 Uhr morgens – zur Türöffnung – dort aufschlagen, denn somit konnten wir den Ort noch ohne die Menschenmassen geniessen, die rund eine Stunde später eingetrudelt sind.

Aussicht auf die Ebene.

Ein friedliches, kleines Dorf in dessen Bucht sowohl kleine Fischerbote, als auch Jachten liegen. Wir hatten gar das Glück auf eine Jacht eingeladen zu werden, doch musste ich ernüchtert feststellen, dass sich dies auf Dauer als eher langweilig erwies. Dennoch ist es interessant einmal zu sehen. Meine persönliche Präferenz lag jedoch eher beim frisch gefangenen Fisch, der uns vorgesetzt wurde und dem restlichen köstlichen Essen.

Unser Frühstückstisch.

Während ich da sass und strickte unterhielt sich Claudia mit ihren Verwandten auf Türkisch. Ich verstand nicht viel, aber es ging doch schnell hier und da mal ein Wort heraus zu picken. Besonders oft viel „Allah, Allah!“ als Ausdruck von Überraschung.

Börek herstellen.

Dabei fiel mir auf wie ähnlich doch meine Zeit mit der georgischen Familie (christlich) jener mit dieser türkischen Familie glich. Der Tagesablauf war ähnlich, die Frauen trugen fast dieselben Kopfbedeckungen, wenn sie das Haus verliessen, sie behandelten mich auf vergleichbare Weise. Das einzige, was mir auffiel war, dass keiner mehr versuchte mit mir zu reden, denn hier gab es Claudia, die türkisch verstand und sprach. Somit war plötzlich die Hemmung da, denn sie konnte ja übersetzten. Somit gelangte ich ein wenig ins Abseits, wenn man das so nennen kann. Allerdings tut dies von Zeit zu Zeit ganz gut. Lange genug hat sich so viel um mich selber gedreht. Zudem hat Claudia sich immer wieder bemüht zu übersetzen und Hintergründe zu erklären. Dadurch habe ich natürlich einen deutlich tieferen Einblick erhalten, was sehr spannend war.

Die Fischerkatze.

Nach dieser schönen und spannenden Zeit in der Türkei ging es für mich weiter mit dem Zug via Sofia, Belgrad, Budapest nach Wien. Allerdings verlief nicht alles reibungslos. In Belgrad hatte der Zug derart Verspätung (Züge in Serbien schleichen förmlich über die Schienen), dass wir den Anschlusszug nicht mehr erwischten. Also schlossen wir uns drei Deutschen an und verbrachten die Zeit bis zum Morgengrauen in einer Kneipe.

Im Bad Blumau.

In Wien wurde ich dann mit einem sauberen Bett, wunderbarem Essen und Kuchen empfangen und konnte nach 3-tägiger Reise erstmals wieder etwas ausspannen. Dasselbe Tat ich kurze Zeit später im Bad Blumau, das von Hundertwasser gestaltet wurde. Ich glaube nach einer derart langen Reise habe ich das umso mehr geschätzt, allerdings kam mir auch vieles noch sehr fremd, fast unwirklich vor. Genossen habe ich es dennoch in vollen Zügen.

... und schlussendlich wieder die eigene Hauskatze. Nach 10 Monaten und 10 Tagen.

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Von Tbilisi nach Istanbul

Meine letzte Etappe war ein weiterer grosser Sprung in Richtung Heimat. Davor musste ich allerdings noch mein Gepäck in Tbilisi abholen und habe mir erneut mehrere Tage in dieser charmanten Stadt gegönnt. Dabei blieb Zeit genug über den Flohmarkt zu bummeln, eine interessante Engländerin zu treffen und einen älteren Georgier.

Auf dem Flohmarkt in Tbilisi.

Danach wollte ich noch einen Tag zurück zu jener Familie, die ich bereits zweimal besucht hatte, da ich leider nicht dazu gekommen war “ciao” zu sagen. Doch einem Tag wurden zwei, aus zwei vier und aus vier acht. Ich half beim Haselnüsse sammeln (eine durchaus anstrengende Arbeit) und lebte mit ihnen zusammen. Erst im letzten Moment brach ich in Richtung Vardzia auf, welches ich unbedingt noch sehen wollte. Vorher hatten sie mir noch das Versprechen abgerungen in zwei Jahren wieder zurückzukehren.

Die Höhlen des Klosters in Vardzia.

Das in den Fels gebaute Kloster hat einst rund 2000 Menschen eine Höhle über den Kopf geboten und noch immer leben einige Mönche dort, die überwachen, dass die Touristen z.B. nicht einfach Fotos in der Felsenkirche drin machen. Das ging sogar so weit, dass der eine Mönch alle Fotos auf meiner Speicherkarte durchgeschaut hatte, nachdem ich alleine da drin war. Ich grinste ihn dabei stolz an, denn ich hatte tatsächlich dem Drang diesen faszinierenden Ort in Bildern fest zu halten widerstanden. Trotzdem winkt er mich mit sich.

Kirche von aussen, inklusive Mönch, der sich weggedreht hat, als er von Weitem die Kamera sah.

Dann bedeutete er mir, dass ich ihm die Kamera mal geben und mich nebens Kreuz stellen soll. Danach knipste er mehrmals. Ich habe ihm versucht beizubringen, dass es nicht sehr sinnvoll ist den Blitz zu verwenden. Er winkte ab.

Ich gleich neben dem Kreuz, wie in den meisten georgischen Kirchen verlangt mit einem Kopftuch.

Nach diesem kurzen Intermezzo war noch mehr Eile angesagt. Anı wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen und ich hatte noch etwas Zeit. Aber zuerst war ein Grenzübergang angesagt. Ich musste also von Akhalzike nach Kars kommen und das direkt an den Feiertagen nach Ramazan. Kaum jemand stand da an der Grenze, nur ein einziger Taxifahrer, der mich auch gegen Sex nach Kars gefahren hätte. Die Option ins nächste Dorf zu laufen, war also die einzige, die in Frage kam. Ich lief mit vollem Gepäck, bis mich eine siebenköpfige Familie auch noch mit ins Auto stopfte und erreichte mein Ziel bei Zeiten.

Der nächste Stop an der Seidenstrasse: Anı.

Von einem Amerikaner, den ich auf dem Weg nach Kars kennen gelernt hatte, liess ich mich breitschlagen nicht per Anhalter nach Anı zu reisen, sondern diese Art Touristenbus zu nehmen, der einem „nur“ 3 Stunden Zeit vor Ort lässt, aber wenigstens keine anderen Stationen anfährt. Wie vermutet war das bei der Weite dieses Ortes zu wenig Zeit für mich, denn alleine die Umgebung ist schon wunderschön. Der Mix der Kulturen an der Grenze zu Armenien ist ebenfalls faszinierend und das Übertreten der Grenze einen Moment reizvoll, aber nur einen sehr kurzen. So fuhr der Bus ohne mich zurück, während ich noch weiter herumstiefelte.

Aussicht auf Armenien hinüber.

Nach zwei weiteren Stunden traf ich auf eine türkische Familie. Sie bestand aus ungefähr 17 Personen, die wollten, dass ich ein Foto von ihrer kleinen Tochter machte und mir stolz erklärten, dass sie mich mit zurück nach Kars nehmen können. Schliesslich hätten sie zwei Autos dabei. Im Anschluss an diesen kleinen Ausflug war ich allerdings im Stress, um noch rechtzeitig auf die Masterreise 2011 der Umweltingenieure nach Istanbul zu gelangen, erreichte das Hotel nach längerer Suche in brennender Hitze aber zwei Stunden vor dem grossen Rest.

Das kleine Mädchen, mit dem ich mich auf Anhieb verstand.

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