Ladies and gentlemen please fasten you seatbelt we are taking off

Mit diesen Worten begann die Fahrt, doch zum Glück beherrschte Pelden sowohl “Touristen”, “Normal”, als auch “Michael Schuhmacher” Fahrstil und die letzte Stufe habe ich nie erlebt. Er nannte sich ein Pilot, doch für mich war er eher ein interessanter Gesprächspartner. Während Nim hinten im Auto eher arbeitete oder schlief, fragte ich Pelden aus. Er wusste viel. Besonders über das Leben in Bhutan. Sein Repertoir reichte von Tradition über viele Umwege bis zu Popmusik und Clubs.

Der Glaube an solche Figuren, wie hier auf einem Fels am Strassenrand entdeckt wurde, sind sehr beliebt. Sie werden nachgezeichnet und kenntlich gemacht.

Andere Dinge beobachtete ich still für mich. Die Strassen waren  gut, aber die Arbeiter, die am Strassenrand standen, während wir in unserem polierten Auto durchs “glücklichste” Land fuhren, waren Inder. Sie arbeiteten hart, ohne sichtbare Sicherheitsvorkehrungen und hausten in notdürftig errichteten Zelten.

Die Kunstschule, die zu Semesterbeginn von allen Schülern und Schülerinnen geputzt wird. Hier ein Mädchen in der traditionellen Schuluniform dieser Schule.

Wir schauten uns noch einige Sehenswürdigkeiten in Timphu an. Darunter war das Timphu Dzong aus der Ferne, das laut Wikipedia seit 1952 als Regierungsgebäude dient und die Kunstschule. Dort war gerade Jahresputz angesagt und wir konnten die Schülerinnen und Schüler daher nicht beim Arbeiten beobachten/ablenken. Was aber schnell klar war: Die Tradition wird hier gut vermarktet aber auch kontrolliert und die Bürger verehren die Königsfamilie wie Popstars. Jeder hat ein Bildchen davon in der Tasche und an den Wänden sind sie ebenfalls omnipräsent.

Besuch des Folk Heritage Museums in Thimphu.

Danach hiess es anschnallen und auf nach Paro, wo wir auf meinen Wunsch hin in einem Bauernhaus untergebracht wurden. Wobei ein Bauernhaus wohl eine etwas falsche Vorstellung von dieser Sache gibt. Es war eher ein Gutshof. Zwei wunderschöne Gebäude, unglaublich gutes Essen und ein Elektroofen in jedem Zimmer, als es draussen zu schneien begann.

Wir nähern uns Paro.

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Das Land des Drachen

Bhutan. Lange hatte ich geträumt hierher zu fahren. Aber 250 Dollar pro Nacht schrecken ab. Wenn man alleine reist sind es gar noch mehr. Manchmal überkommt es einen dennoch. Und da war ich beim zweiten Anlauf. Beim ersten hatte ich ein Deutsches Reisebüro angefragt, das 2010 Auskunft gab, dass eine Bhutanreise bei ihnen ab 10’000 Euro möglich ist.

Blick aufs Grenztor von Indien.

Blick aufs selbe Tor von gegenüber. (Bhutan)

Von Darjeeling waren wir mit Bus und Zug nach Jaigon gefahren. Die Grenzstadt ist spannend. Viele Bhutanesen sind hier, aber dennoch ist alles ruhig. Besonders um westliche Touristen. Wir fanden ein gutes Hotel und warteten, bis der Fahrer (Pelden) uns früh am nächsten Morgen abholte, wenn schon die Nächte bezahlt werden, wollte ich die Zeit wenigstens voll auskosten. Davor unternahmen wir bereits unseren ersten Spaziergang nach Bhutan. Die Grenze ist erstaunlich wenig bewacht. Nachdem Nim kurz mit den Beamten geredet hatte, konnte auch ich einfach durchspazieren. Dabei erhielt ich einen ersten Eindruck vom Unterschied der beiden Länder. Bhutan wirkt sauber, sicher, organisiert. Zumindest im Vergleich zu Indien. Aber es ist auch noch nicht richtig Bhutan. Phuntsauling ist anders. Es ist eben eine Grenzstadt und hierhin kommen Inder ohne Probleme. Danach brauchen sie eine Strassenbewilligung, die auch für sie nicht so einfach zu bekommen ist. Aber offiziell dürfen Inder ohne Visum nach Bhutan. Eben mit der Einschränkung, dass sie sich nicht ganz frei bewegen können.

Erste Eindrücke von Bhutan. Ein traditionelles Haus, eine neue Strasse und die Aufforderung Kondome zu benutzen.

Unser Fahrer oder selbsternannte Pilot war cool. Immer ein Spruch auf den Lippen, ein Lächeln und zu jeder Tageszeit seine Sonnenbrille im Gesicht. Zudem natürlich die Bhutanesische Kleidung. Aber diesbezüglich hat er als Fahrer keine Wahl. Er muss sie tragen.

Verbindung von Tradition und Moderne: Chukha Power House (336 MW)

Wir fuhren kurvige Strassen hoch, kletterten mit dem Auto durch eine wunderschöne Urwaldlandschaft, stoppten hier und da und landeten schlussendlich in der Hauptstadt – Timphu.

Die Kläranlage und dahinter Timphu.

Die erste Nacht verbrachte ich in dieser Hauptstadt in einem schönen Hotel, während Nim bei Freunden wohnte. Doch zuerst lernte ich noch Dhendup kennen. Den eigentlichen Reiseveranstalter. Ein Mann mit scharfem Verstand. Natürlich konnte ich mir nicht verkneifen ihn zu fragen, ob er es nicht überrissen fände für eine Nacht (mit Tag dazu) in Bhutan an die 300 Dollar zu verlangen. Warum? Schau Nepal an, schau, was daraus geworden ist. Zudem hat Bhutan genau zwei Einnahmequellen: Tourismus und Elektrizität von Staudämmen. Das ist wenig für ein Land, das fast ausschliesslich von Importen ernährt wird, da es zu hoch oben in den Bergen liegt. Zudem fliesst die Hälfte dieses Geldes direkt in Gesundheitsversorgung und Schulbildung. Zumindest mich überzeugte diese Antwort. Nicht um länger zu bleiben als drei Nächte, aber um nachzuvollziehen, dass ein Land durchaus egoistisch sein darf. Schliesslich ist keiner gezwungen nach Bhutan zu gehen. Andererseits kann sich nicht jedes Land so verhalten.

Tempel ersetzen oft Altersheime. Zumindest tagsüber, denn sie sind der Treffpunkt für die ältere Generation, die um die Gebetstrommeln sitzt oder daran dreht.

Mehr hatte ich schon von Pelden erfahren. Er ist Christ und da Bhutan per Definition ein Buddhistisches Land ist, kann er seine Religion nicht offen leben. Allgemein ist viel kontrolliert. Die traditionelle Kleidung ist schön, aber oft muss sie getragen werden. Ich bin zwiegespalten. Werterhaltung geht immer gegen die Freiheit des Individuums. Aber verglichen mit Indien scheint es den Menschen in Bhutan wirklich gut zu gehen. Schule und Gesundheitswesen sind umsonst, für jeden scheint gesorgt zu sein. Doch um das wirklich beurteilen zu können, müsste ich auch hier ein Weilchen leben.

Timphu mit seinen mehrstöckigen, aber dennoch traditionellen Häusern und der gigantische Buddha dahinter. Er befindet sich noch im Bau.

Noch interessanter ist aber, dass man nicht aufzufallen scheint. Die meisten Menschen ignorieren Touristen einfach oder lassen sie in ihrer Unsicherheit verschwinden. Ich frage mich seither, was sie eigentlich von uns halten. Denn sie bekommen nur diejenigen zu sehen, die sich diese Reise leisten können und wollen.

Details vom Fuss des im Bau befindlichen Buddhas.

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Schnee bei Darjeeling

Der nächste Halt war Darjeeling, einst die Sommerresidenzen der reichen und einflussreichen Briten, wenn der Rest Indiens ihnen in den Regenmonaten zu heiss und stickig wurde. Als Tee- und Zugliebhaberin, war es ganz klar, dass ich in Darjeeling vorbei schauen wollte. Allerdings war der berühmte Toy Train gerade ausser Betrieb. Dafür sorge ein glücklicher Zufall dafür, dass ich den Couchsurfer Nim traf. Seine Mutter leitet eine Schule für Waisenkinder in der Nähe von Darjeeling und ist ein Mensch, der die vorherrschende Kälte mit viel innerer Wärme zu kompensieren weiss. Auf alle Fälle erwies sich das als grosser Glücksgriff. Nim brachte mich nicht nur mit einem guten Reiseleiter in Bhutan zusammen und begleitete mich später auch dort hin, er nahm mich auch selber in die Berge um Darjeeling mit. Damit begannen ein weiteres Abenteuer und meine erste grössere Wanderung mit Blick in die Himalajas.

Darjeeling mit seinen Kaffees, Teestuben und Bauten aus der Kolonialzeit.

Den Singalila Trek, eigentlich eine dreitägige Wanderung, machten wir in zwei Tagen, da Nim sonst nicht hätte mit nach Bhutan kommen können. Was der Schönheit dieser Landschaft leider nicht ganz gerecht wurde, mir aber dennoch zwei wunderbar-anstrengende Tage beschert hat. Doch schaut selber:

Erste Eindrücke der sich aus dem Nebel schälenden Landschaft.

Wir starteten in einem kleinen Dorf, in dem wir einen Träger engagieren mussten. Statt weiter Sicht auf die Berge, erwartete uns eine mystische Nebellandschaft. Hügel, vereinzelt Häuser, Schreine und tibetische Flaggen, schälten sich aus dem Schleier, genau wie Magnolien, die überall wuchsen.

Manchmal gab es auch etwas mehr Weitblick.

Und überall Magnolien, die diese karge Landschaft in ein leichtes Rosa tauchten.

Wir hörten viele Vögel zwitschern und hofften einen roten Panda zu sehen, doch dies blieb uns leider nicht vergönnt. Stattdessen wurde es allerdings immer kälter. Aber da und dort ein Tee, eine Nudelsuppe unterwegs und das heisse Feuer des Ofens, hielten uns warm.

Küche der Tonglu Hütte, wie ich sie auch in Nepal noch oft finden sollte. Nicht nur die Katze suchte ihre Nähe und auf diesem Herd wurde sehr gutes Essen für uns gezaubert.

Die erste Übernachtung war in der Tonglu Hütte. Einem gemütlichen Ort von dem aus man des Morgens mit viel Glück nach Bhutan, Sikkim und Nepal sehen kann. Wir mussten uns diesen Anblick für ein anderes Mal aufheben.

Blick in den naturbelassenen Dschungel hinein.

Der zweite Tag brachte den ersten Bambus und einen Gang durch einen urchigen Urwald. Wir genossen den Anblick und kamen kaum mehr aus dem Fotografieren hinaus. Zum Glück war Nim ebenso davon angetan wie ich. Er schleppte sogar noch ein Stativ mit und ich hatte den riesigen Vorteil mit einem Einheimischen unterwegs zu sein. Wir trafen eine Taiwanische Reisegruppe, deren Teilnehmer schon etwas älter waren, sich jedoch wacker den Hügel hinauf bis in den Schnee kämpften.

Schnee und klirrende Kälte.

Am folgenden Tag blieb uns nicht viel Zeit, also rannten wir wie die Verrückten den ganzen Weg bis ins Tal hinuter. Leider verpassten wir dabei einen sehr schönen Weg durch einen Bambuswald hindurch. Aber wir überstanden den Weg irgendwie, genau wie die halsbrecherische Jeepfahrt danach.

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Die Frau an der Bushaltestelle

Ich verbrachte zwei Tage und zwei Nächte im Zug. Auf dem obersten Bett versuchte ich mich von den manchmal starrenden Blicken zu verbergen und meinen Frieden zu haben. Es waren lauter junge Männer und keine Familie um mich herum. Das ist mir immer etwas weniger angenehm. Aber was solls. Ich hörte ein ganzes Hörbuch durch und las, denn das Wetter war weniger zum aus dem Fenster schauen. Nur Varanasi (einer der heiligsten Städte der Hindus) wollte ich zumindest im vorbeifahren begutachten.

Blick aus dem Zug während der längsten der unzähligen Zugfahrten.

Nach dieser Fahrt war ich in Kalkutta. Einer ganz speziellen Stadt. Sie hat einen seltsamen Charme oder ich erwischte sie auf dem richtigen Fuss. In der Jugendherberge bekam ich ein Zimmer, obwohl eigentlich keines mehr frei war. Es war sauber und heimelig. Das Essen fantastisch. Danach ging es auf zum Victoria Memorial. Einem spannenden Gebäude, das allerdings vor allem durch die Ausstellung zur indischen Geschichte glänzte. Ich erfuhr viel und war ganz glücklich. Am nächsten Tag erhielt ich die besten Tipps, wohin ich sin Kalkutta sonst noch gehen sollte.

Gebäude in Kalkutta, die von der Kolonialen Vergangenheit berichten.

Ich machte mich also auf zum Birla Tempel, bei dem ich mir erstmals die Zähne aus biss, denn der Wächter wollte mich partout nicht passieren lassen. Keine Chance. Denn ich durfte meine Kamera nicht mitnehmen. Abgeben geht ebenfalls nicht. Dass all die Inder eine Handycamera haben schien ihn nicht zu interessieren. Ich bot ihm die Batterie meiner Kamera an. Nichts. Er schüttelte stur den Kopf. Es war als würde er allgemein nicht viel von Touristen halten, die einen Tempel besuchten.

Der Birla Tempel von der Seitenstrasse.

Da die CIMA Art Gallery allerdings gerade um die Ecke war, suchte ich erstmals diese auf, doch auch da kein Glück. Sie öffnet Montags erst zwei Stunden später. Ich telefonierte also erstmals eine Runde, schrieb ein bisschen und setzte mich dann bei der Bushaltestelle hin. Zwei Sitze von mir entfernt sass ein Mädchen. Zumindest dachte ich das beim ersten Anblick, doch die furchigen Hände und geschundenen Füsse erzählten etwas anderes. Eine längere Geschichte. Sie lächelte.

“Do yo need something?”

Ich war überrascht, dass sie Englisch sprach, denn sie schaute eher wie eine Obdachlose aus. Ich fragte nach dem Bus. Ein Mann auf seinem Roller hielt an und fragte, als würde mich die Frau belästigen, ob er mir helfen könnte. Gemeinsam fanden wir heraus welcher Bus mich in die Jugendherberge zurückbringen würde. Später.

"Mach ein Foto von mir, mach ein Foto von mir. Der kleine Junge (den ich beim Petflaschen sammeln kennen gelernt hatte) dahinter und ich, wir haben uns nur angeschaut. Manchmal versteht man sich ohne Worte.

Wir sassen einen Moment lang schweigend da. Dann begann die Frau zu sprechen. Wie ein Wasserfall, aber auch wie ein Orakel. Sie war intelligent, liebenswürdig und stolz. Sie wusste über die Ausstellung in der Galerie Bescheid und schien auch sonst die ganze Stadt zu kennen. Die Menschen schauen mich indessen seltsam an. Als würden sie sich fragen, warum ich mich mit dieser Bettlerin unterhielt. Aber sie war keine Bettlerin. Sie heisst Sumita und lebt seit einiger Zeit an dieser Bushaltestelle. Bewusst fragt sie nicht nach Geld und ich bewundere ihre Lebensfreude. Stück für Stück erfahre ich einen Teil ihrer Geschichte, aber nur Fetzen. Ich möchte nicht drängen. Ich höre einfach zu und beobachte fasziniert, wie sie aufgeregt zu lachen beginnt und mich anschaut, wenn sich eine ihrer Geschichten dem Ende zu neigt.

Im Garten vor dem Victoria Memorial. Eine Oase für frisch verliebte, indische Pärchen, die küssend unter den Bäumen verteilt sitzen.

Sie weist mich zeitig darauf hin, dass die Ausstellung von Jogen Chowdhury jetzt offen ist und ich schaue mich dort um. Sehr empfehlenswert. Da ist sogar ein Portrait von Jimy Hendrix dabei, das von ihm als Dank signiert wurde, aber es ist auch viel über das indische Leben zu erfahren. Danach kehre ich zurück an die Bushaltestelle. Wir unterhalten uns weiter. Sumita ist sehr gläubig. Aber sie missioniert nicht. Sie findet da wohl einfach ihren Halt. Familie hat sie keine mehr, aber einige Freunde hier an der Bushaltestelle und Essen erhält sie immer pünktlich bei der Strassenküche gegenüber. Ich verspreche am kommenden Tag wieder zu kommen.

Und das Victoria Memorial. Ein beeindruckendes Bauwerk, währe es zu einem anderen Zweck errichtet worden.

Gesagt getan. Sie isst gerade. Das Essen duftet herrlich. Sie erzäht, wie ihre Decke geklaut wurde aber auch, dass dies hier ein guter Platz ist, denn die Polizei ist in der Nähe und auch immer genug Taxifahrer. Hin und wieder bietet ihre ein Mann an in sein Auto zu steigen. Deutet sie an, doch sie will nichts davon wissen. Sie ist vierzig Jahre alt und ich kann es kaum glauben. Nur schweren Herzens verlasse ich meinen Sitz an der Bushaltestelle beim Birla Tempel. Wir umarmen uns und ich mache mich mit dem Zug auf nach Darjeeling. Sie verspricht mir einen Brief zu senden, wenn sich ihre Situation verbessert hat.

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Biologische Landwirtschaft

Uttarakhand ist ein Bergstaat in Indien und Nitin hat mir einen spannenden Kontakt vermittelt und zwar jenen des Uttarakhand Organic Commodity Board. Dort hat mich die Verantwortliche Frau empfangen und mich einfach über ihre Projekte informiert. Zwei Stunden hat sie sich Zeit genommen, um sich meinen Fragen zu stellen. Die Anstrengungen sind gross und viel Geld ist involviert – 2 Billionen Rupien. Zum Umdenken hat unter anderem die Grosse Anzahl an Krebs erkrankte Personen geführt. Besonders in Punjab, wo sehr viele Pestizide verwendet werden. Es gibt sogar einen Extrazug für Krebskranke. Das erklärt auch, warum ich bereits vor einiger Zeit in meiner Zugbibel gelesen habe, dass Krebskranke einen besonderen Rabatt im Zug erhalten.

Meine junge Begleiterin beim Gang durch die Landschaft.

In Uttarakhand ist nur 12 % der Landwirtschaft bewässert. Ansonsten ist es einfache Terrassenwirtschaft. Nachdem 1960 eigentlich nur noch Reis und Weizen gegessen wurde und speziellere Getreidesorten zum “Poor-Mans-Food” verkommen sind, gibt es nun starke Bestrebungen diese wieder salonfähig zu machen.

Der Blick auf die Herausforderungen die Uttarakhand von Musoori aus bietet.

Ein kleiner Shop in einem Hinterhof verkauft Linsen, Reis, Gewürze und Zitronen. Was gerade verfügbar ist. Leider nicht viel für jemand Reisenden. Aber seither habe ich zwei Wochen lang Zitronenwasser getrunken. Interessanter für mich war das Restaurant. Dort konnte ich lokale Spezialitäten geniessen. Hirse wird oft verwendet, doch ist die Qualität der Zutaten einfach besser. Das Essen war unglaublich. Auch gab es endlich mal wieder Salat.

Spinatcurry im Restaurant Haritima in Dehradun.

Davon gestärkt mache ich mich auf nach Musoorie in die Berge. Allerdings brachte mich der Rickshawfahrer erstmals an einen Ort, an dem kein Bus stoppte. Zwei Stunden später war ich schon fast etwas verzweifelt. Alle Busse fuhren an mir vorbei und jeder sagte, dass der Bus hier stoppen sollte. Ich fuhr mit einem Wikram zum nächsten Ort und erwischte einen Bus. Es folgte eine kurvige Fahrt, die mich und mein Gepäck erstmals durchknetete. Meine Kamera überlebte das leider nicht ganz, während es für mich zum Glück nur anstrengend war.

Leitungen immer gut gegen Regen schützen.

In Musoori hatte ich das Glück, dass mir jener erste Sikh, den ich in Aurangabad getroffen hatte, ein Hotel vermittelt hat, wo ich gratis übernachten konnte. Es war weit ausserhalb der Stadt. Natürlich habe ich kein Taxi genommen, denn mir war nicht bewusst, dass ich mit meinem ganzen Gepäck ungefähr 4 km zu laufen hatte. Ich wollte nur die indischen Touristen loswerden, die mich im vollkommen erschöpften Zustand nach Fotos fragten. Ich sollte lächeln. Auch einer betrunkenen Hochzeitsgesellschaft ging ich schnell aus dem Weg. Unterwegs holte mich ein Mann per Auto ein, den ich schon vorher getroffen hatte und der gutes Englisch sprach. Er sass als Beifahrer im Auto und murmelte etwas von lokaler Polizei und dass er sowieso gerade zu dem Hotel fährt. Ich glaube ihm zumindest den zweiten Teil nicht, stiege aber ein, denn er wirkte einfach neugierig und nicht gefährlich und sein Fahrer war auch noch dabei. Das mit der Polizei stimmte auch, allerdings war es kein Zufall, dass er in diese Richtung fuhr. Auf alle Fälle brachte er mich heil dort hin und war auch kein bisschen aufdringlich. Allgemein fühlte ich mich hier in den Bergen sehr sicher.

Und der unglaubliche Ausblick vor Sonnenaufgang von meiner Hotelterrasse in Musoori.

Das Hotel war schön, aber eisig kalt und das Essen nicht sonderlich gut. Aber die Aussicht war einfach nur fantastisch. Den Polizist traf ich am nächsten Tag wieder zusammen mit seiner Tante, die mich spontan zu sich einlud. Dort verbrachte ich erstmals einen feuchtfröhlichen Abend mit bestem Essen und guter Gesellschaft. Nun muss ich unbedingt zu seiner Hochzeit kommen. Mal schauen, ob ich das auch schaffe.

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Frage:

Wer verfolgt das eigentlich alles?

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Nachtleben

Ich verbrachte weitere 24 Stunden im Zug, bevor ich Delhi erreichte. Zurück im Norden war es auf einen Schlag wieder kalt. Dafür wartete Neha mit Abendprogramm auf mich. Zuerst ging es zu einigen Strassenfoodlokalen, denn ich muss alles testen, was ich noch nie gegessen hatte. Danach fuhren wir ins Route 69. Das ist ein Speiselokal, welches nebenan einen Bierladen hat. Die Speisen sind teuer, dafür kann das Bier zu normalen Ladenpreisen gekauft werden. Natürlich ist der Besitzer derselbe. Nur wird etwas weniger Steuer erhoben auf diese Weise.

Waga border. Sicht von den Indischen Raengen nach Pakistan hinueber.

Die Zeit verging zu schnell. Am nächsten Tag eilte ich bereits, damit ich den Zug nach Amritsar sicher erwische. Zumal ich nicht genau wusste, wie lange ich von der Metrostation Chandi Chowk nach Old Delhi brauchen würde. Ich hatte Informationen zu 15 und 10 Minuten, aber wenn ich es nicht fand und mitten in der Nacht… Ich habe zu viele üble Geschichten über Delhi gehört. Das es sich als 2 Minuten durch eine hell erleuchtete Unterführung mit vielen Menschen ist, hatte mir aber keiner gesagt. Ich war also viel zu früh beim Bahnhof. Der Zug hätte aber dennoch angeschlagen sein sollen. War er nicht. Das ist immer ein schlechtes Zeichen, denn es bedeutet erstmals kein Zug. Es war frostig, ich esse etwas, das einzige was ich finde und lange gekocht sein muss. Sauber wirkt es nicht, aber alle Bakterien sind hoffentlich tot. Danach frage ich mich durch. Die Gepäckträger wissen Bescheid. Platform 9. Ich schleppe mich und meinen Rucksack dorthin. Es ist 21.30 Uhr. Verhüllte Gestalten geistern umher oder liegen auf dem Bahnsteig. Nur eine Frau in westlicher Kleidung ist da. Sie beansprucht zusammen mit ihrem Gepäck eine ganze Bank. Ich frage, ob da noch Platz frei ist und setze mich.

Gefaerbtes Garn am Strassenrand in Amritsar.

“Auch nach Amritsar?” Frage ich weiter, doch sie ist nicht besonders gesprächig. “Ja.” Der Ehemann kommt zurueck. 3 Stunden Verspätung meltet er. Nun verstehe ich ihre Einsilbigkeit. Das bedeutet warten und frieren bis 1 Uhr morgens. Keine angenehme Aussicht alleine in diesem heruntergekommenen Bahnhof. Um 2 Uhr kam schlussendlich der Zug und er brachte uns nach Amritsar.

Brücke zum Tempel.

Alle Mühen hatten sich gelohnt. Am nächsten Mittag war der Zug in Amritsar. Das ist für mich die Stadt der Sikh. Viele Männer laufen mit Turban herum. Diese sind kunstvoll gewickelt und werden in verschiedenen Farben – passend zur Kleidung – getragen. Die Frauen tragen kaum Saris, sondern die so genannten Suits, die aber ebenso bunt sind. Einige bedecken die Haare mit einem Tuch. Wie es im Sommer ist, weiss ich allerdings nicht. So schützen sie sich auf jeden Fall gegen die Kälte und diese ist hier omnipräsent. Ich trage alles, was ich mit dabei habe in Lagen übereinander. Das einzige, was mich rettet ist das heisse Wasser Abends mit dem ich mir beinahe die Füsse verbrühe, denn das Wahrzeichen von Amritsar ist der Goldene Tempel. Der Ort, der Amritsar so besonders macht. Dort darf man allerdings keine Schuhe tragen. Daher verwandelt der Marmorboden Füsse gerne in Eiszapfen.

Männer bei einer Ständeansammlung in Amritsar.

Das war allerdings nicht das erste, was ich mir anschaute, denn ein paar Polen schleppten mich mit zur “Waga-Border”. Das ist die 30 km entfernte Grenze nach Pakistan. Der einzige Übergang, den auch Touristen passieren dürfen. Die Grenze wird jeden Abend in einer Zeremonie geschlossen und jeder Taxifahrer fragt dich danach. Kein Wunder, dass hunderte von Menschen auf die Tribünen zusteuerten, die da bereit standen. Wieder die Aufteilung Ausländer und Inder. Die Ausländer wurden so postiert, dass sie von den Pakistani, die auf der anderen Seite sassen, möglichst gut gesehen werden konnten. Beamte hampelten herum, die Fahnen wurden eingezogen, ruckartige Bewegungen. Eigentlich schon traurig das Schliessen einer Grenze so zu zelebrieren, emotional “Indien” und “Pakistan” zu schreien und Hymnen zu singen. Dazu werden Fotos geschossen. Aber immerhin wird das Spektakel gemeinsam inszeniert. Beide Seiten tragen dieselben Kleider. Nur in anderen Farben. Pakistan schwarz, Indien bunt.

Kontrolle der Reihen: "Sit down!"

Zurück in Amritsar machte ich mich mit den anderen zusammen auf zum Goldenen Tempel. Dem wohl heiligsten Ort der Sikh. Es sollen rund 750 kg Gold darin verarbeitet sein. Stetiger Singsang begleitet die Besucher. Statt zum Tempel ginge wir allerdings zum Esssaal, denn wir waren alle sehr hungrig. Hier wird jeder umsonst verpflegt. Wer möchte kann allerdings etwas spenden oder sich an der Arbeit beteiligen. Lubomir (ein Slowake, der auch mit bei der Grenze war) und ich gesellten uns zur Abwaschgruppe und in den folgenden Tagen wusch ich tauschende von Tellern, schälte Zwiebeln und entkernte Erbsen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie gut das tut, wenn man sonst immer bedient wird.

Der goldene Tempel in der Mitte des Wassers. Rund herum darf man im Schneidersitz auf dem Marmor sitzen.

Bemerkenswert war dabei die Effizienz und Organisation. Mit wenigen festen Angestellten, wussten all die freiwilligen Helfer dennoch sogleich wo und wie sie anpacken sollten. Als Lubomir und ich da ankamen wurde uns direkt ein Lappen in die Hand gedrückt und wir konnten mit anpacken. Ein Inder überliess mit mit seinem grosszügigsten Lächeln den letzten Teller zum Abwaschen, bevor die nächste Ladung im fast stetigen Fluss kam. Diese kleine Geste, des Teilens einer Arbeit bedeutete, dass ich für einmal dazu gehörte und nicht die reiche Touristin aus der Schweiz war. Jeder fügte sich mit ein, die Küche lief rund um die Uhr. Es werden rund 50000 Personen verpflegt an einem normalen Tag. An Feiertagen deutlich mehr.

Haupteingang des Tempels im Bau.

Empathie ist wichtig. Teilen, Freiwilligenarbeit, … Habe ich hier eine Religion gefunden mit der ich mich tatsächlich identifizieren könnte? Ich glaube dennoch nicht, obwohl mir die Theorie zusagt. Frauen und Männer sind gleich gestellt, obwohl docheine deutliche Rollenaufteilung da ist. Es ist wohl einfach eine sehr wissenschaftliche Religion und liegt mir daher näher. Es heisst zum Beispiel, dass täglich aus dem heiligen Buch gelesen werden soll. Falls das nicht möglich ist sollte man es sich von jemandem anhören und geht auch das nicht, dann soll man keine Schuldgefühle haben. Das macht für mich zumindest einen kleinen Unterschied aus und erklärt vielleicht doch, warum ich mich meist mit Sikh sehr gut verstanden habe.

Mischung von verschiedenen Baustils.

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Tempel im Fels

Meine nächste Basis war Aurangabad. Der erste Punkt, wo ich wirklich alleine war. Aber lange blieb ich es nicht, denn ich traf Verinder, einen Sikh*. Verinder kommt aus der Gegend von Kashmir, hat aber wie so viele Inder einen MBA gemacht und arbeitet nun in der Nähe von Mumbai. Er hatte ein paar geschäftliche Treffen, half mir sonst aber weiter wie auch immer er konnte. Gut ausser mit der Rikshaw, denn er erhörte meine Proteste nicht, dass der Fahrer die komplett falsche Richtung einschlug, sprach von Abkürzung und liess sich über den Tisch ziehen. Mich beruhigte, dass es nicht nur Ausländern so ging.

Wandmalerei in Ajanta. Erscheint allerdings etwas bunter. Die Lichter sind ziemlich gut angeordnet. Allerdings wird streng kontrolliert, was und wie man fotografiert. Weder Blitz, noch Stativ sind erlaubt.

In Aurangabad gab es allerdings nicht viel zu sehen, dafür umso mehr in der Umgebung. Ajanta, Ellora und Devagiri. Als erstes brach ich nach Ajanta auf. Das sind dreissig Buddhistische Höhlen, die in einem schönen Tal liegen. Sie sind alle in den rund 500 Jahren vor und nach Christi Geburt entstanden. Besonders bekannt ist der Ort wegen der Wandmalereien, die zum Teil sehr beeindruckend sind. Obwohl die Landschaft in der Regenzeit, wenn alles grün ist, noch schöner sein muss, konnte ich hier problemlos einen Tag verweilen. Allerdings gibt es unendlich viele Besucher hier und ich atmete richtig auf, als ich einmal einen Höhle betrat und es einfach still war. Es machte den Anblick noch viel imposanter.

Mädchen in einer der Höhlen in Ajanta, das mich immer wieder nett angelächelt hat und fotografiert werden wollte.

Auf dem Rückweg lernte ich Michael kennen. Ein Franzose aus Paris, der noch der schlimmere Workaholic zu sein scheint als ich. Ich denke wir waren beide froh darüber nicht alleine Abendessen zu müssen und ich freute mich im Verlauf dessen einen weiteren spannenden Menschen kennen zu lernen. Eigentlich wollten wir am nächsten Tag auch zusammen nach Ellora, doch ich musste ein Tatkal Ticket (eine Art last minute ticket) für den Zug lösen. Das heisst ich verbrachte erstmals zwei Stunden am Bahnhof, um dafür Schlange zu stehen. Einzelne Inder, die das für andere besorgen, stehen dafür sogar schon um 5 Uhr morgens vor dem Bahnhof. Punkt 10 Uhr kommen die Tickets heraus. Um 9.45 Uhr kommt die Polizei und scheucht erstmals alle aus dem Booking office. Wir Touristen – es sind neben mir noch zwei da – können drinnen warten. Sie wissen wohl, dass wir sonst keine Chance haben. Nun sind sämtliche Schalter besetzt. Um 9.55 Uhr wird die Tür geöffnet. Die Händler stürmen herein. Zum Glück gibt es einen separaten Schalter für Selftatkal. Da stehen wir mit ein paar Indern zusammen. Die Beamten sind bereit. Die ersten Daten sind schon erfasst. Jetzt warten alle bis 10 Uhr. In ganz Indien findet wohl dasselbe Spektakel an jedem Bahnhof statt. Und ich erhalte mein Ticket nach Delhi. Freudig mache ich mich auf nach Ellora.

Sitzender Buddha in Ajanta.

Obwohl Ellora und Ajanta zusammen beinahe einen Überdruss an Höhlen auslösen, ist es dennoch beeindruckend. Ganze Tempel wurden aus dem Fels gehauen. Ich will gar nicht wissen, wie sehr die Arbeiter gelitten hatten, um das zu erbauen. So ähnlich stelle ich mir auf alle Fälle Petra vor. Drei Religionen sind hier vertreten: Buddhismus, Hinduismus und Jainismus. Ich wanderte in den Hügeln umher, kam etwas vom Weg ab und genoss die Ruhe. Bis ich bemerkte, dass mir jemand folgte. Es war ein Wächter. Er hatte eine Pistole, was offiziell wirkte, aber ich fühlte mich dennoch nur bedingt sicher. Er fragte mich, ob ich alleine hier bin. “Mein Ehemann ist unten.” Gab ich zur Auskunft. Er folgte mir auf Schritt und Tritt. Ich versuchte also Nico anzurufen, denn Michael hatte leider kein Indisches Natel. Sonst hätte ich in gefunden gehabt und wäre wohl eher nicht alleine herum gestiefelt. Als er erwähnte, dass er speziell zum Schutz von Touristen da ist, entspannte ich etwas. Aber es ist gar nicht so einfach all die Nachrichten über Indien in so einem Moment auszublenden, obwohl ich auf all meinen Reisen noch nie Probleme mit einem nüchternen Mann hatte und ich glaube der Wächter hatte sich wirklich nur Sorgen um mich gemacht. Das ist die Sache in Indien. Ich glaube Indien ist nicht sonderlich gefährlich, nicht gefährlicher als andere Ort, wenn man sich an gewisse Regeln hält. Ich tu das grössten Teils, doch es ist nicht so einfach, denn manchmal dürstet es mich alleine irgendwo draussen zu sein oder ich möchte verschlungene Winkel erkunden.

Gewoelbeansicht in Ajanta.

Aber ich kam heil zurück, nur war mein Zimmer im Hotel schon vergeben. Michael rettete mich aus meiner Misere, indem er mir das zweite Bett in seinem Zimmer anbot und ich revanchierte mich mit einer frischen Kokosnuss. Am nächsten Morgen brachen wir zusammen zur letzten Sehenswürdigkeit auf. Eine verwunschene und von Moos überwachsene Burg. Allerdings bekamen wir davon nicht viel zu sehen, denn ein paar Schulkassen begaben sich gleichzeitig an jenen Ort und die Kinder stürzten sich auf uns. Nachdem ich in Ellora für einmal davon verschont geblieben war, brachen sie umso heftiger über uns herein. Foto, Foto, Foto,… Ich weiss nicht auf wie vielen Handys ich inzwischen zu sehen bin. Ich will es auch gar nicht wissen. Die Kinder sind zwar nett, aber da ist wieder dieser Punkt mit der Ruhe. Einfach einmal irgendwo zu sitzen und geniessen… Dennoch es tut natürlich auch gut mal so viel Aufmerksamkeit zu haben und der Ausblick war von der Spitze war so schön, dass ich dafür fast meinen Zug verpasst hätte. Zum Glück nur fast. Sonst hätte ich mich schön geärgert nach dem ganzen Gestürm mit dem Tatkal.

Tempe aus dem Fes gehauen in Ellora.

* Das ist eine weitere Religionsgruppe über die ich später noch mehr berichten werde. Da wusste ich allerdings vor allem, dass Sikhs Turban tragen.

Ein bisschen wie Petra, doch in Indien. Ellora.

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Bei Nitins Familie in Nagpur

Als nächstes besuchte ich Nitin mit seiner Familie in Nagpur. Familie heisst Schwestern, Eltern und die Eltern des Vaters leben in einem Haus zusammen. Nitins Vater hat früher einmal in den USA gearbeitet, sein Grossvater in Afrika. Dennoch bin ich der erste westliche Gast in diesem Haus. Die Grossmutter hat grosse Angst, denn Nitin erzählte ihr, dass ich zu jedem Essen ein Bier trinken muss, wie es bei mir zu Hause üblich ist, aber in ihrem Haus gibt es kein Bier. Dafür hervorragendes Essen.

Ramtek Tempel in der Nähe von Nagpur.

Allerdings würde ich so auf Dauer nicht leben können. Der Grossvater verwaltet das Geld der gesamten Familie, im Haus bestimmen dafür eher die Frauen. Jemand schaut auf jeden Fall immer, dass Nitin einen Sicherheitsabstand von mindestens einem halben Meter zu mir wahrt. Es ist eine andere Kultur. Herzliche Menschen, überaus gastfreundlich, spannend zu sehen und auf jeden Fall erweiternd für den Horizont, obwohl es helfen würde, wenn ich Hindi sprechen könnte.

Bücherverkauf in Nagpur.

Ich konnte den Baumwollmarkt sehen, der ausschaute, wie ein altes Sowjetgebäude und besuchte mit Nitin mehrere Tempel. Am besten hat mir der Ram Mandir Ramtek Tempel gefallen. Es erinnerte mich so an Burma mit seinen Spitzen. Zudem war die Aussicht wunderbar und nach der Enge in den Häusern genau das Richtige. Danach machten wir noch einen Stopp beim RamDham Tempel. Das ist der Tempel mit dem grössten Om in Indien*, nicht spektakulär im Anblick, aber umso interessanter als Erlebnis, denn die ganze Geschichte von Rama und Krishna ist hier für Kinder anschaulich aufbereitet und in vielen Statuen und Szenen dargestellt. Ein Priester drückt einem Blumen in die Hand, sanfte Musik spielt, beim Ausgang Trommeln. Ein Erlebnis und zwei Orte, die ich niemals ohne jemanden aus der Umgebung gesehen hätte.

Krishnas Arme beim Tempel mit dem Om.

Und da ist noch der Rest der Familie. Viele Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins leben in Nagpur und manchmal geht die ganze Familie zu Besuch. So auch geschehen, als ich dabei war. Es war ein Fest. Die Kinder des Hauses der beiden Onkel, die zusammen leben, sind lebendig und alles andere als scheu. Hier wird gelacht und gekreischt, herum gerannt und diskutiert. Als es allerdings Richtung Politik ging, zogen wir uns wieder zurück. “Wenn wir etwas zu lachen haben wollen, dann gehen wir einfach dahin.” Gab mir Nitins Mutter zu verstehen und es ist klar warum.

Ein Teil der Familie mit mir. Rechts hinten ist Nitin. Eines der Kinder hat erstaunlicher Weise helle Augen und komplett helle Haut.

Nach diesem Besuch musste Nitin zu einer Hochzeit. Wobei es nicht die einzige in diesem Monat war und ich blieb noch einen Tag bei seiner Familie, versuchte mit seiner Mutter zu kommunizieren und war am Ende sehr traurig wieder zu gehen. Obwohl ich anfänglich gewisse Vorbehalte/Vorurteilen gegenüber Menschen aus dem Westen gespürt hatte – wie es halt ist, wenn man höchstens einmal etwas im Fernsehen sieht, geht ja anscheinend vielen Schweizern nicht anders** – wurde ich herzlichst aufgenommen und am Schluss kaum mehr gehen gelassen.

*Quelle: Nitin

** Wobei das schon Menschen gegenüber, die näher leben, als in Indien.

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Indian Standart time (Hochzeit Tag 2)

Da am Vortag die erste Funktion auf 11 Uhr angesetzt gewesen war und schlussendlich um 14 Uhr stattgefunden hat, begab ich mich entspannt mit Neha, ihren Freunden, sowie Christoph und Katharina (einem österreichischen Pärchen, dass ebenfalls mit allen zusammen in Singapore studiert hat) zum Kochi Fort. Vorher gab es allerdings noch einen “keinen” Umweg über ein paar Läden. Katharina und Neha brauchten noch Kleidung. Da ich am Vortag schon mit einer von Roses Freundinnen mitgegangen war um falschen Schmuck zu kaufen, hatte ich zwar langsam wieder eine Überdosis Shopping, aber die Gesellschaft war wenigstens gut und dieses Mal fand ich selber sogar etwas Kleines. Danach waren wir endlich beim Fort. Das ist die Touristenattraktion vor Ort, neben den Backwaters.

Boot und Fischernetze.

Entsprechend war das Essen leider teuer und nicht gut. Dafür war es spannend die Fischernetze zu sehen. Hier hätte ich mich stundenlang hinsetzen und einfach zuschauen können doch die Zeit drängte und wir mussten noch Katharinas Kleid abholen, denn da waren noch ein paar Änderungen notwendig. Wir sputeten uns also, doch steckten wir im Stau fest. 19 Uhr fuhr der Bus. Hiess es übersetzt in Indian Standart time also 19.30 Uhr frühestens. Neha bestätigte und ich erhielt keine Antwort von Varun. 18.30 Uhr waren wir zurück. Leider war zu dieser Zeit niemand mehr da, der mir hätte helfen können meinen Sari anzuziehen. Ich startete also einen Versuch. Es schaute gut aus, nur leider konnte ich kaum damit laufen. Egal, lächeln, wir waren spät dran, also musste es passen. Neha indessen wirkte entspannt, wie eh und je. Allgemein scheinen es Inder nie eilig zu haben. Ausser sie versuchen jemand anderem klar zu machen, dass er sich sputen soll. Auf jeden Fall verpassten wir in der ganzen Entspannung den Bus und damit konnten wir Varun nur noch in den letzten Sekunden seines Nochnichtehelebens tanzend begleiten. Als wir mit einem Taxi ebenfalls ankamen, spielten die Trommel die letzten rhythmischen Klänge. Wir tanzten. Danach gelangten wir durch einen von Kerzen erleuchteten Gang in einen Garten mit zwei Pavillons und geschmackvoll dekoriert.

Das Brautpaar.

Verschiedene Funktionen folgten und Rose und Varun posierten für tausende von Fotos. Ich werde nicht jeden Teil beschreiben. Vielse habe ich auch nicht verstanden, aber eine Part hat mir allerdings besonders gefallen: Immer wieder tauchten Varuns Schuhe irgendwo auf. Plötzlich, wir hatten bereits ein frisch gebackenes Ehepaar, kam Leben in die Menge. Obwohl es bereits 2 Uhr morgens war. Ich drängte mich nach vorne. Neha erklärte. Roses Cousinen hatten die Schuhe geklaut und nun wurde über den Preis verhandelt, den Varun bezahlen soll, um sie zurück zu bekommen. Sie stiegen mit 50000 Rs ein. Das entspricht etwa 735 Franken. Natürlich war Varun nicht bereit das zu bezahlen. Er metzelte sich gut in den Verhandlungen, bis Neha eingriff. “Wir wollen ihn singen hören.” Fiel sie ihm so nett in den Rücken, wie es gute Freunde wohl tun. Alle ausser Varun waren begeistert von der Idee. Schlussendlich kam er mit “Kiss from the Rose” davon indem, sie ihm einen Kuss gab. Da waren wohl alle begeistert. Dies war dann auch die Krönung und der Abschluss des Abends. Wir feierten noch etwas weiter, doch waren alle müde und mich quälte das schlechte Gewissen. Das mit der Indian Standard time habe ich inzwischen verstanden. Sie ist sehr variabel und es braucht viel Feingefühl, um sie richtig zu deuten. Da ich dafür noch zu wenig von der Kultur verstehe, halte ich es in Zukunft schweizerisch und bin zu der Zeit da, die meine Uhr anzeigt, denn eines tut Indian Standard time nie: Voraus gehen.

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