UNESCO Welterbe oder Öl?

Eine weitere Busfahrt folgt. Ich bewege mich zu viel und zu schnell auf dieser Reise, aber ich möchte unbedingt Chogho Zambil und das alte hydraulische System in Shushtar sehen. Aber davor erreiche ich Ahvaz. Keine spezielle Stadt von Touristenattraktionen her gesehen, obwohl die Fahrt von Shiraz hierher einiges zu bieten  hatte. Besonders am Übergang zwischen den beiden Provinzen hätte ich gerne einen Stopp eingelegt. Diese Landschaft aus Fels, die wie ein erstarrtes, stürmisches Meer wirkt, ist faszinierend.

Einer der Kanäle in Shushtar.

Von Ahvaz nach Shushtar ist es dann nur noch ein Katzensprung. Ich dachte eigentlich, dass ich in ein geteiltes Taxi einsteigen würde, aber es ist eine Mutter, ein Kind und wohl der Vater, die mich einfach mitgenommen haben, wie sich bald herausstellte. Sie laden mich auch direkt vor dem Restaurant Mostofi ab. Ein gemütlicher  Innenhof, ruhiges Vogelgezwitscher und herrliches Essen erwarten mich. Und das alles bei strahlendem Sonnenschein.

Die Anlage von oben in ein Tal eingebaut, umfasste früher mehrere Mühlen.

Das Gepäck kann ich gleich hier lassen und damit vollkommen unbeschwert auf einen kleinen Spaziergang durch das Städtchen gehen. Überall sind alte Kanäle zu sehen, das Wasser ist grün-blau, doch leicht milchig gefärbt. Ich vermute, dass es Schmelzwasser sein muss, was mir später auch bestätigt wird. Diese Stadt muss einmal floriert haben. Sadegh – ein junger Elektrotechnikstudent, den ich später getroffen habe – erzählt mir allerdings, dass die ganze Umgebung mittlerweile mehr oder weniger einer Firma gehört.

Einer von vielen Spielplätzen beim Flanieren durch Shushtar. Hier ist alles erlaufbar und durch das reichlich vorhandene Wasser gibt es viele Bäume, die Schatten spenden.

Danach beginnt das alte Lied von Neuem, um zum nächsten Bahnhof zu kommen brauchte ich ein Taxi. Ich verhandelte zäh, aber erfolglos mit den Taxifahrern zentralen Kreisverkehr. Auch Herr Aziz Raschidi, der mir abgesehen davon sehr viel über das hydraulische System erzählen konnte und so etwas wie eine kleine Informationszentrale in dem Ort ist, kann mir nicht weiter helfen, denn er ruft alle alten Taxifahrer an, die er in der Hinterhand hat, doch scheint zu der schon fortgeschrittenen Stunde keiner mehr nach Choga Zanbil fahren zu wollen. Und seinen Söhnen will er mich nicht anvertrauen. “Sie sind zwar auch Taxifahrer und gute junge Männer, aber…” Er führt nicht weiter aus. Aber sein Vertrauen seine Grenzen. Wahrscheinlich unbegründet.

Der Blick in Richtung der "Wasserfälle".

Aufgeben ist allerdings keine Option. Ich bin hierher gekommen, um mir diesen Ort anzuschauen, also gehe ich weiter und treffe auf oben erwähnten Sadegh. Er trägt eine Militäruniform, was mich anfänglich skeptisch macht, spricht aber gutes Englisch und ist sehr freundlich. Zusammen finden wir einen Fahrer. Er entschliesst sich gleich mit mir mit zu kommen. Was wir allerdings nicht wissen ist, dass der Fahrer selber noch nie an diesem Ort war. Auch ist er schlecht ausgeschildert. Nach einer Irrfahrt, die uns viel kostbare Zeit kostet, weiss ich wenigstens, warum in meinem Reiseführer stand, dass man sicher gehen soll, dass der Taxifahrer weiss, wo er hin muss. Wir erreichen also erst ausserhalb der offiziellen Öffnungszeiten das nächste UNESCO Welterbe.

Blick hinter die Kulissen in Choga Zanbil - eine 3500 Jahre alte Tempelstadt, wahrscheinlich vor allem Priester gewohnt hatten. Sadegh, der Trick 77 angewendet und sich als mein Guide ausgegeben hat, um selber keinen Eintritt zu bezahlen, führte mich zu diesen Becken, wo die Restaurationsmaterialien vorbereitet werden.

Dies scheint allerdings nicht das geringste Problem darzustellen. Es gibt auch noch Einheimische, die hier herum wandern. Vielleicht wurden die Öffnungszeiten ausgedehnt, vielleicht hatten wir einfach Glück. Auf alle Fälle hatten wir drei, Sadegh, der Taxifahrer und ich einen sehr angenehmen Rundgang, denn natürlich kamen alle mit, machten Fotos und waren zusammen Touristen. Einer der Vorteile, wenn der Ort für den Fahrer selber noch interessant ist. Liest man etwas mehr über diesen Ort, kommt allerdings hervor, dass durch die Ölbohrungen, die nur wenige Meter von diesem Kulturgut vorgenommen werden, der Ort bedroht ist. Besonders durch die Erschütterungen der Erde zu denen es führen kann.

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“Ich war in Persepolis” – Shiraz

Genau um das zu sagen ist dieser Ort da. Zumindest für jene Leute wie mich, die nicht den Mut aufbringen Persepolis einfach auszulassen. Natürlich ist dies ein sehr geschichtsträchtiger Ort, aber einfach nicht schön aufgemacht. Überall, wo etwas zu sehen oder fotografieren wäre, wurde eine dicke, dreckige Glasmauer davor gepflastert, um das unter allen Umständen zu verhindern. Besonders wichtig bei Duplikaten, denn viele der Originale sind vielmehr in Museen in Teheran zu betrachten.

Blick über Persepolis.

Aber vielleicht bin ich auch etwas unfair, denn obwohl erst Frühling war, machten mir Hitze und Sonne schon zu schaffen. Ich fluchte einmal mehr über die Hüllen, denen ich nicht entschlüpfen konnte. Das grösste Versäumnis war allerdings, dass ich die Sonnenbrille nicht mitgenommen hatte. Dieser Ort kann einen wahrlich über die fehlende Liebe in der Aufmachung hinwegblenden. Zudem hatte dieser Tag einfach schlecht begonnen. Wieder riefen mir übereilige Maenner „hello, hello“ nach. Danach riss ein Mann meine Hand gewaltsam an sich, bis ich sie ziemlich wütend zurück eroberte. Grollend fand ich endlich den Minibus, der südwestlich des Busbahnhofs in Richtung Marvadasch (den nächsten Ort bei Persepolis) fuhr. Dabei lief ich einem weiteren Mann ins Messer, der die Gelegenheit nicht ausliess mich an zumindest am Rücken zu betatschen. Das war gehäuft an einem Tag allerdings alles, was ich im Iran zu erdulden hatte.

Raststätte auf dem Weg nach Shiraz.

Sonst ging mir nur das „hello, hello“ auf den Zeiger. Warum? Weil Iraner dies nie zu einer Iranierin sagen würden, es zu beantworten als Aufforderung missverstanden wird und es nicht zu beantworten in meinen Augen unhöflich und vielleicht auch ein Spürchen arrogant ist. Von dieser Auswahl lag mir das ignorieren dann aber doch näher.

Necropolis in der Naehe von Persepolis. Der kleine Würfel neben den Gräbern im Fels könnte auch ein modernes Gebäude sein. Das ganze ist in die passende Landschaft eingebettet Grund genug mich mit Persepolis zu versöhnen.

Der Tag sollte allerdings dennoch in guter Erinnerung bleiben, denn ich traf auf einen Rumänen Namens Mircha und einen Japaner, Shin. Zusammen gingen wir weiter nach Necropolis, was sich in meinen Augen schon deutlich mehr lohnte. Auch faszinierte mich Mirchas lockere Art mit den Taxifahrern zu verhandeln. Er war ein sehr überlegter Mensch, ein fantastischer Beobachter, der schon nach Afghanistan gereist war und allem voran an einem Filmprojekt über die Untergrundmusik in Teheran mitgewirkt hat. Er meinte aber, dass es eher eine Entdeckung ihrer selbst und der ganzen westlichen Kultur geworden war, denn sie hatten während des Drehs in Teheran bemerkt, dass versucht sich und ihre Lebensweise wieder zu entdecken. Er wollte mir den Film zukommen lassen, doch leider funktioniert die Mailadresse nicht, die er Shin und mir gegeben hat. Die böse Frage… Zufall? Nichts desto trotz hatten wir einen Nachmittag mit spannenden Diskussionen.

Orangenbäume tragen reife Früchte, Vögel zwitschern und es duftet herrlich. Eine weitere Oase in der Grossstadt beim Grab des Dichters Hafes.

Wir verabredeten uns am nächsten Tag am Grab von Hafez einem als Legende verehrten iranischen Dichter. So ganz geniessen konnten wir das allerdings nicht, denn Shin hatte sein Portemonnaie im Taxi liegen gelassen und der Tag war folglich der Suche danach gewidmet. Leider erfolglos. Einen kleinen Moment schnupperten wir dennoch im Garten. Danach wurden wir von einem Anwalt aus Shiraz zu einem fantastischen Mittagessen eingeladen.

Mandelblüte.

Im Anschluss war die Besteigung eines Hügels mit meinem Gastgeber hier in Shiraz angesagt. Mich erwartete ein wunderbarer Ausblick über die ganze Stadt und munter blühende Mandelblüten. Natürlich fanden wir auf dem Weg auch ein paar Pärchen, die sich hier trafen, doch erstaunlich wenige. Allgemein scheint man im Iran auf jeden Hügel steigen und die Aussicht geniessen zu können und ist dabei oft alleine. Dabei durfte ich auch gleich testen, wie sich die iranischen Kleiderregeln mit Sport verbinden lassen. Die Antwort ist eindeutig: schlecht. Aber Frauen dürfen zum Beispiel auch keine Velos mieten, obwohl es wohl nicht offiziell verboten ist welche zu fahren.

Verschiedene Arten des Kopftuchtragens. Man beachte vor allem die - nicht politisch gesehene - rechte und linke Position.

Ihr seht dass sich meine Gedanken immer wieder um ähnliche Themen drehten. Ich bin hin und her gerissen. Die Menschen sind alle so nett, aber viele auch zu nett. Es kommt nicht immer von Herzen und ist auch vor allem auf Ausländer bezogen. Zudem haddere ich mit all den Regeln und Ungerechtigkeiten.

Das Dach eines Wasserspeichers und der Blick über Shiraz.

Gleichzeitig hege ich viel Sympatie gerade weil wir im Westen vieles vom Iran so verteufeln. Die meisten sehen den Iran als gefährliches Reiseland, was er definitiv nicht ist. Auch ist zum Beispiel die Gesundheitsversorgung über Oelgelder finanziert und sehr gut. Die Menschen, die ich getroffen habe, scheinen aber unglücklich mit der festgefahrenen Situation, doch lieben sie ihr Land zu sehr, als dass sie es verlassen wollten. Sie bilden sich ihre eigenen kleinen Oasen mit ihren Freunden, schauen die verbotenen Fernsehsender, rauchen Gras und trinken, um sich den Alltag zu versüssen. Zudem essen die meisten sehr gerne und gut. Vieles zeugt von (unterdrückter) Lebensfreude und noch mehr deutet darauf hin, dass die Trennung von Religion und Staat eine der wichtigsten Errungenschaften in diesem in so mancher Hinsicht fortschrittlich wirkenden Land sein könnte.

Beim hinunterklettern ist es bereits dunkel. Hier ein kleines Denkmal und die Lichter von Shiraz. Man erkennt gut die wichtigsten Strassenverbindungen.

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Orangenblügentee in der Wüste

Das Glück war mir einmal mehr hold. Ich traf Rob einen Kanadier in meinem Hostel. Er wollte per Anhalter nach Yazd aufbrechen oder irgendwo hin in die Wüste gehen und ich packte die Gelegenheit am Schopf und schloss mich ihm an. Am nächsten Morgen nahmen wir einen Bus zum östlichen Stadtrand. Aber ein junger Iraner, der uns behilflich sein wollte, sprach immer von Taxi. Bis wir ihn überzeugten zusammen mit uns Autostopp zu machen.

Ein Teil der iranischen Familie, die in der Moschee gepicknickt und uns eingeladen hat.

Erst wollte ich mir allerdings die kleine Moschee anschauen, was ich auch tat. Da war eine Familie versammelt. Der Grossvater, uralt, kommt jeden Donnerstag hierher, um am Grab seiner Frau zu verweilen. Wir wurden ebenfalls eingeladen. Es gab herrliche Klösse aus Kartoffeln und Ei, wie uns gesagt wurde, dazu Brot und frischen Salat. Doch da begann auch die Lüge. Wir erzählten, dass wir verheiratet sind. Da wussten wir allerdings noch nicht, dass wir diese Geschichte eine Weile aufrecht erhalten mussten.

Rob und ich in derselben Moschee.

Der junge Mann, der mit uns Autostopp machen wollte, stellte sich als Nima vor und lud uns so lange zu sich nach Hause ein, bis wir uns ihm anschlossen. Er besuchte nämlich am freien Donnerstag (hier ist das Wochenende Donnerstag und Freitag) seine Familie.

Spitze eines Taubentrums und die Landschaft in einem kleinen Dorf in der Nähe von Esfahan.

Wie alle persischen Familien hatten sie ein prunkvoll eingerichtetes Haus und wir wurden mit offenen Armen empfangen. Vor allem Nasim seine Cousine habe ich sogleich ins Herz geschlossen. Sie vertrat ihren Standpunkt sehr direkt, ist mit einem Ingenieur verheiratet und machte keinen Hehl daraus, was sie vom Kopftuch und all den Sachen hält. Darüber hinaus ist sie aber auch eine herrliche Köchin und sie malt, obwohl ihr alle sagen, dass sie verrückt sei dies zu tun.

Sicht auf das Dorf und den "Berg" dahinter, den wir bestiegen.

Obwohl sie uns gleich wieder nach Esfahan schleppen wollten, zogen Rob und ich das Dorf vor. Wir wanderten durch das Dorf, kletterten in einen Taubenturm hinein und stiegen auf den kleinen Berg in der nähe. Auch für Nima war dies das erste Mal. Er schien erst zögerlich, dann hatte er aber grosse Freude an unserem kleinen Abenteuer, den unser Besuch in sein Leben brachte.

Auf diesen Hügel sind wir für den Sonnenuntergang gekraxelt.

Nima ist 18 Jahre alt und sehr clever. Er fährt oft zu seiner Familie hinaus und meinte, dass er meist mit Gleichaltrigen nicht viel anfangen kann. Das habe ich auch schon von anderen hier gehört. Vor allem das Männer in dem Alter oft nur ein Thema hätten. Wie kann ich mich mit einer weissen Frau abbilden lassen oder ist sogar noch mehr drin. Ist schon lustig wie sehr so etwas zum Thema wird, wenn die öffentliche Auslebung von Sexualität so tabuisiert ist. Aber das ist wohl die Kehrseite von Verboten. So hatten die meisten Iraner, die ich getroffen habe irgendwo eine Flasche der verpönten Alkohols versteckt, um sie wohl vor allem Ausländischen Gästen mit Stolz zu präsentieren.

Der Vollmond und ich. (by Rob Boogaerts)

Nach längerem überlegen geben wir unser Vorhaben in die Wüste zu fahren komplett auf und übernachten bei dieser spannenden Familie. Ich stehe weiter notierend in der Küche herum und wir können verschiedenste Dörrfrüchte und Gaz – eine lokale Süssigkeit aus dem Saft des Gaz-Baumes und aus Pistazien – probieren. Einfach wunderbar zu Tee.

Auf dem Rückweg zu unseren Gastgebern. Stille liegt über dem Dorf. Nur irgendwo singt ein Muezzin.

Am nächsten Tag fahren uns Nima und Nasim nach Na’in. Das ist eine kleine Wüstenstadt mit einem sehr schön aufgemachten Museum. In meinen Augen auf jeden Fall einen Stopp wert.

Wassersystem und Kühlung in Na'in.

Von dort ging es weiter durch die Wüste nach Yazd, wo wir beide im Silk road hostel unterkamen. Ein sehr günstiges Hostel in einem historischen Gebäude mit herrlichem Essen gleich hinter der Jame Moschee. Was will man mehr.

Blick von der Hosteltür auf die Jame Moschee bei Nacht.

Dort habe ich auch den Orangenblütentee entdeckt. Ich habe schon viel Tee gekostet, doch diese Vielfalt konnte noch kaum ein Tee erreichen. Er schmeckt einfach fantastisch. Allerdings wird er aus frischen Blüten gemacht. Daher muss der Geschmack wohl einzig in meiner Erinnerung bleiben. Falls es euch aber jemals hierher verschlägt, kann ich nur empfehlen Orangenblütentee zu kosten.

Innenhof des Wassermuseums. Von hier kann man nach unten steigen, um die früheren Kühlräume und Verbindungen zu den Kanälen zu betrachten, sowie einiges über die Geschichte der Wasserversorgung lernen.

In Yazd habe ich einmal mehr die Hauptattraktionen ausgelassen, da ich leider etwas durch dieses Land hindurch rase. Stattdessen habe ich das Wassermuseum aufgesucht, denn das ganze alte Wasserversorgungssystem ist sehr spannend. Heute ist die Infrastruktur leider nicht mehr in Betrieb und es wird viel Wasser verschwendet. Der Grundwasserspielgel ist erheblich gesunken und viele Flüsse sind komplett ausgetrocknet. Mit der Wasserversorgung war auch ein Kühlsystem verbunden. Man kann noch überall die Türme davon sehen, die Luft durch die Gebäude zirkulieren liessen. Wo wirklich nötig war der Mensch eben schon lange sehr erfinderisch.

Neues Kühlsystem in der Moschee in Na'in.

Kaum hatte ich dies gesehen musste ich auch schon weiter, denn mein nächster Couchsurfer war per Zufall gerade in Yazd und konnte mich gleich nach Shiraz mitnehmen. Ein Associate Professor aus Shiraz, der sich unter anderem mit Effizienzsteigerung in der Zementindustrie beschäftigt und von dem ich relativ viel über die Wasserprobleme erfahren habe.

Ein weiterer Vorbote von Nou Rouz. Überall gibt es bunt bemalte Küken. Hier in einem Taxi.

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Gedichte

Ein weiterer Zug brachte mich nach Esfahan. Dieser Ort ist ziemlich touristisch. Zumindest im Vergleich zu allem, was ich zuvor auf dieser Reise gesehen hatte. Aber er hat auch eine ganz besondere Schönheit.

Einer von vielen Gärten und Parks im Iran und etwas vom ersten, was ich frühmorgens in Esfahan gesehen habe. Daneben machten Männer Morgensport.

Der Basar, die milden Temperaturen, die schönen Moscheen, alles zusammen erklärt die Anziehungskraft dieser Stadt. Persönlich hatte ich aber auch einfach Glück auf die richtigen Leute zu treffen. Zuerst drei junge Iranerinnen. Eine davon hiess Zahra – wie so viele Iranerinnen – und studiert Englisch. Sie versprach mich am folgenden Tag bei meinem Hotel abzuholen und wollte mir das Grab eines iranischen Poeten zeigen und Gedichte vorlesen. Saeb hiess der Poet und natürlich war ich mit von der Partie.

Der Hauptplatz in Esfahan, wo viele Iranerinnen und Iraner auf Jagd nach Ausländern gehen, um Englisch zu sprechen oder auch einen Flirt anzuzetteln.

Punkt 13 Uhr traf Zahra beim Amir Kabir Hostel ein. “Mein Auto ist draussen.” Meinte sie nur. Ich war überrascht. Es war herrlich. Eine alte Klapperkiste, die kaum mehr beschleunigen konnte, uns aber langsam und zuverlässig durch die Stadt schaukelte. Später lauschte ich, wie mir die junge Frauen Gedichte vortrugen. Ich erfuhr über ihren Glauben, ihre Hoffnungen und Träume.

Details aus der Jame Moschee in Esfahan.

Zarah möchte in London weiter studieren. Ihr “boyfriend” ist dort. Wenn ich richtig verstanden habe. Er wartet seit drei Jahren auf sie. In dieser Zeit schreiben sie sich oft und schicken sich Gedichte und Lieder zu. Selbstverständlich ist natürlich, dass sie aber vor der Ehe auf keinen Fall Sex haben.

Das Wasser fliesst unter einer Brücke heraus und ich frage mich zu welchem Zweck diese Strömungen erziehlt werden. Sie sehen auf alle Fälle schön aus und das Geräusch ist beruhigend.

Andere Iranerinnen scheinen das nicht so zu sehen. Ich habe zwei Männer kennengelernt, die sehr direkt gefragt wurden, ob sie mit jemandem mit nach Hause gehen wollen. Touristen scheinen die Chance zu sein.

Die jungen Frauen, die mich durch die Stadt geführt haben, um ihr Englisch zu verbessern und viele Fotos zu machen.

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Safran und die besten Gastgeber in Teheran

Endlich in Teheran angekommen, lernte ich schnell, dass Verbote im Iran sehr variabel sind und das sich Gastfreundschaft immer weiter steigern lässt. Ich war bei Zahra und ihrem Mann untergebracht. Einem Künstlerpärchen im Osten der Stadt. Diese zwei kreativen Menschen öffneten mir den Iran aber allem voran in Sachen Essen.

Essen mit meinen wunderbaren Gastgebern im typisch iranischen Picknick-Stil.

Zahra ist eine wundervolle Köchin und Bäckerin. Mit ihr konnte ich alles probieren. Von grünen Mandeln, die man mit Salz bestreut ist (relativ teuer, aber sehr lecker), über ein Mus aus Trauben, das wie Honig verwendet wird, bis hin zu einer der ungewöhnlichsten Speisen überhaupt: Hirn, Backe, Zunge, Fuss und Auge vom Lamm. Dazu eine sehr fettige Suppe und das alles um 4 Uhr morgens.

Noch mitten in Teheran. Eine von vielen Oasen. Der grüne Palast beim Saadabad Palast Komplex mit Sicht auf die Berge.

Natürlich blieb eine Kochlektion nicht aus. Ich kann das Rezept auch gerne veröffentlichen, wenn Interesse besteht. Ich habe es allerdings auf Englisch aufgeschrieben.

Safran beim kleinen Bazzar.

Zusätzlich war natürlich ein Besuch der Paläste angesagt. Wobei vor allem die Kunstausstellung im Saadabad Palast einen Besuch wert ist. Dort sind sowohl persische Künstler, als auch Klee, Van Gogh, Kandinsky und weitere spannende Künstler ausgestellt. Das ganze in einem schönen Gebäude. Allerdings lagen am Boden überall Verpackungen von Glühbirnen herum.

Bild in der Kunstgalerie in einem der Gebäude des Saadabadpalasts.

Der Palast selber war im Umbau und nicht zugänglich. Vielleicht Vorbereitungen für Nou Rouz (gesprochen Norus) dem iranischen Neujahr. Da haben nämlich alle 1-2 Wochen frei und nutzen diese Zeit meist zum Reisen innerhalb des Iran. Aber bereits jetzt steigen die Preise in den Restaurants und für Busfahrten an.

Innenausstattung eines der Gebäude beim Golestan Palast mit wenigen Spielgen. Zum Teil schillert und glänzte es nur so.

In Teheran falle ich im Vergleich zu anderen Orten im Iran nicht wirklich auf. Ich mag die Stadt, die rundum von Bergen umgeben zu sein scheint. Es gibt zwar zu viel Smog, aber ansonsten sind die Menschen sehr freundlich und offen. Auch fühle ich mich sehr sicher bisher.

Vor den schön bunten Mauern beim Golestan Palast im typisch iranischen Manteau.

Woran ich mich allerdings noch nicht gewöhnt habe ist an die Kleidervorschriften. Dieses Kopftuch und lange Kleidung tragen macht mich immer mal wieder ziemlich wütend. Nicht weil ich mich zwei Wochen lang damit abfinden muss, aber weil es doch ziemlich lästig ist und schon kleine Mädchen dazu verdammt sind. Allerdings hatte ich auch ein erstaunliches Gespräch mit einer jungen Frau. Ich habe sie gefragt, ob ihre Eltern möchten, dass sie den Chador* trägt. Sie antwortete: “Nein, meine Mutter möchte das ausdrücklich nicht, aber ich möchte es.”

Eingang beim Golestanpalast.

Aber es gibt auch andere. Sie tragen Farben, schminken sich, rauchen (allerdings nie in der Öffentlichkeit) und reizen die Anzahl der Haare, die unter dem Hijab gezeigt werden dürfen so weit wie möglich aus. Allerdings werden auch Geschichten erzählt von kleinen Mädchen, die von der Polizei aufgegriffen und ermahnt werden, wie sie sich zu kleiden haben. Eine sehr zwiespältige Angelegenheit. Zumal hier viele gar nicht wirklich muslimisch sind, geschweige denn diese Auslegung des Korans unterstützen. Die Menschen hier sind anders. Freigeister, aber auf der Hut wieder eine Revolution zu starten. Sie möchten nicht alles umstürzen. Nur etwas mehr Freiheit haben. Zumal wohl viele aus der Bildungsschicht 1979 nicht überlebt haben oder ausgewandert sind.

Spiegel. Alles im Golestanpalast scheint aus Spiegeln zu bestehen.

*Chador ist jene schwarze Umhüllung, die nur das Gesicht und die Hände frei lässt. Sprich über dem im Iran vorgeschriebenen Hijab wird nochmals ein schwarzer Umhang getragen, der eigentlich immer mit den Händen zusammen gehalten wird.

Impression vom Bazzar, der komplett überfüllt ist, denn alle wollen für Nou Rouz einkaufen.

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Die Uhr die anders dreht – Transasiaexpress

Zuerst eine kurze Anmerkung für all jene, die noch nie etwas vom Transasia”express” gehört haben: Früher ging dieser Zug von Istanbul nach Teheran, inzwischen fährt er aber in Ankara los. Jede Woche am Mittwoch morgen. Am Freitag Abend, aber meistens spät in der Nacht oder sogar Samstag früh kommt er in Teheran an. Dazwischen liegt der Vansee. Dort wird ein teil der Wagons verladen und der See per Fähre überquert.

Am ersten Abend kurzer Stopp von dem alle Raucher und Fotografen profitiert haben.

Könnt ihr euch vorstellen, was für einen morgendlichen Schock ich durchlebt habe, als in der Metro in Ankara die Uhr eine Stunde vor ging? Zum Glück war ich für einmal sehr früh dran, aber ich habe mir dennoch bereits ausgemalt, wie ich in einem Taxi gerade kurz vor Abfahrt den Transasiaexpress noch erreiche oder ihm gar hinterher fahre.

Mariane am Steuer.

Zum Glück war es wirklich nur die Uhr und ich war viel zu früh da. Gleich traf ich auf zwei Norweger. Ich war also nicht die einzige Touristin. Kurz darauf fing mich der Kontrolleur mit dem Wort “Problem” ab, als ich sagte, dass ich alleine unterwegs bin. Allerdings vermochte mich das nicht weiter in Aufregung zu versetzen, denn meist bedeutet dieses Wort auch gleich die Lösung des Problems. In diesem Fall steckte er mich mit drei anderen alleine reisenden Frauen in ein Abteil.

Die kleine Fahrgemeinschaft in den Iran.

Ich stelle vor Nasim, eine 31-jährige Chinesin, die wie alle Chinesen jeweils auch einen Namen aus dem Land trägt in dem sie sich gerade befindet. Sie arbeitet in einem Startup und ist schon in den verschiedensten Ländern gewesen. Allerdings meist auf Kurztrips. Ida, eine 19-jährige Deutsche Studentin und stille, aber wissbegierige Beobachterin und nennen wir sie Mahsa eine Iranerin. Mahsa hat denselben Jahrgang wie Nasim, spricht nicht sehr gut Englisch und ist eine sehr faszinierende Persönlichkeit. Sie spricht immer (60 Stunden am Stück), entschuldigt sich für alles und versucht uns geduldig die ersten Brocken Farsi beizubringen. Sie kommt aus einer Künstlerfamilie. Mutter und Bruder sind Poeten. Eine interessante Geschichte. Aber alles sollte ich an dieser Stelle nicht erzählen. Sie ist so nervös. Vor allem vor der Grenze. Sie wiederholt sich sehr oft. „Don’t worry“ im Sekundentakt, bis ich mir wirklich Sorgen zu machen beginne. Aber sie sagt es zu sich selbst, war in psychologischer Behandlung und meint es eigentlich unglaublich gut. Auch ist sie sehr intelligent. Ich wünschte einmal mehr, dass ich die Sprache des Landes sprechen könnte, denn erstens befindet sich hinter dieser Person eine faszinierende Geschichte, zweitens bräuchte sie jemanden, der ihr zuhört.

Halb versunkene Häuser.

Im Speisewagen verwächst man zu einer einzigen grossen Familie. Er qualmt nur so über weil alle am Rauchen sind. Da das Essen, aber sowieso keinen Preis gewinnen könnte, ändert das auch nicht viel. Auf jeden Fall werde ich immer entspannter, was meine Reise in den Iran betrifft. Ich glaube es ist ein sehr gastfreundliches Land und die Zugfahrt alleine ist schon ein richtiges Erlebnis. Jedes Mal, wenn ich aus dem Fenster schaue hat sich die Landschaft wieder verändert. Ein Winterwunderland zieht an uns draussen vorbei.

Ein interessanter Deutscher, der vor allem von seiner Reise im Irak erzählt hat. Ein Historiker mit sehr grossem Wissensschatz, den wir anzapfen konnten. Dahinter die verschneiten Berge und wie immer die türkische Flagge auf dem Fenster.

Nähert man sich erstmals Van wird er noch besser. Ein Wagen wird auf den Zug verladen, während wir die Schneebedeckten Gipfel der umliegenden Berge betrachten. Der See dazwischen ist so gross, dass wir das andere Ufer nicht sehen können. Die Gruppen durchmischen sich hier noch mehr. Die Iraner singen. Dann werden Tänze vorgeführt. Erst die Iraner, dann die zwei Norweger und zum Schluss noch Breakdance von Lukas. Besonders bei letzterem sind alle hell-auf begeistert. Grosser Applaus.

Lukas' Tanzeinlage.

Und natürlich machen alle Fotos. Wobei diese unglaubliche Schönheit einfach nicht in einem Bild zu erfassen ist. Alleine für diesen Moment hat sich diese Reise schon mehr als gelohnt. Wir diskutieren, lachen und frieren nur zu gerne, um auch noch die letzten Sonnenstrahlen zu erwischen.

Robert auf dem Schiff beim Vansee.

Auf dem See gibt Saeen noch eine Flasche Wein aus, bevor wir den Iran erreichen, wo absolutes Alkoholverbot herrscht. Keiner ist wohl so wahnsinnig da etwas schmuggeln zu wollen. Denn an der Grenze wird sämtliches Gepäck in einem mehrstündigen Prozedere von Hand durchsucht.

Das Schiff hat abgelegt.

Auf der anderen Seite des Vansees wartet der Iranische Zug auf uns. Er raucht und dampft, wie in den alten Filmen. Ein Stück Nostalgie. Wir werden mit Tee empfangen und Nasim und ich bekommen ein herrliches Essen vorgesetzt. Safranreis mit getrockneten Johanisbeeren und einem Hähnchenschenkel. Vor allem im Vergleich zu den Chatchup-Toasts auf der Fähre, die ich verweigert hatte, ein Traum. Aber die Abteils sind unendlich heiss. Einmal mehr mache ich mir Sorgen um meine Schokolade.

Alles nur so am dampfen. Kein Wunder, denn im Wagen ist Sauna angesagt.

Dann kommt der Grenzübergang. Ab jetzt heisst es Kopftuch und lange Kleidung (mindestens der Hintern muss bedeckt sein, aber meine Recherchen haben ergeben, dass eigentlich bis Mitte Oberschenkel die Regel ist, doch bei Touristen sehen das alle nicht so eng). Mitten in der Nacht müssen wir einmal auf der türkischen Seite aussteigen. Zwei Stunden später erreichen wir die Iranische Grenze. Der Morgen dämmert. Wir müssen sämtliches Gepäck aus dem Zug hinaus tragen und unsere Pässe werden eingesammelt. Wir warten komplett verschlafen. Irgendwann kommen die Pässe zurück und es bildet sich eine Schlange vor der Kontrolle. Inzwischen tauschen wir etwas Geld, doch der Wechselkurs hier ist deutlich schlechter als in Teheran. Also werden wir einfach unsere türkischen Liras los.

Kleidung für den Iran. Damit haben wir alle die Grenze passieren können.

In Tabriz steigen viele der Reisenden aus und ich würde das tendenziell auch empfehlen. Eine kurze Verschnaufpause tut ganz gut, denn dadurch kann man vermeiden mitten in der Nacht in Teheran anzukommen. Wir waren zumindest um 3 Uhr morgens dort, konnten aber nicht wirklich schlafen, da wir um 1.30 Uhr bereits geweckt und aus dem Bett gescheucht wurden, damit der Wagon aufgeräumt werden konnten. Zum Glück waren allerdings meine Couchsurfer noch wach, sodass mich Nazims Freunde vor ihrem Haus abladen konnten und ich endlich ein richtiges Bett, aber noch lange keinen Schlaf fand.

Und noch eine letzte Stimmung von unterwegs. Nochmals Schnee. Ab Tabriz war dann Wüste angesagt.

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Visum für den Iran

Eigentlich hiess es, dass ich die „Visa reference number“ – das ist wie ein Einladungsschreiben, das zumindest bei der Iranischen Botschaft in Istanbul unerlässlich ist, um ein Visum zu erhalten – erst am 28.2. eintreffen würde. Ich fiel also aus allen Wolken, als sie am Wochenende da war. Folglich stand ich am Montag Morgen um 8.20 Uhr, zehn Minuten bevor das Konsulat öffnet in einer Schlange. Meine Kleidung entsprach bereits den Anforderungen, welche auch im Iran eingehalten werden müssen und ich wurde von allen auf Farsi angesprochen. (Bilder folgen, wenn ich mal jemanden finde, der mich damit ablichtet)

Vor der Hagia Sophia.

Irgendwie schien an jenem Tag jede, die eine Auskunft wollte zu mir zu kommen. Ich freute mich, dass ich es wohl nicht so schlecht getroffen habe mit meiner Kleiderwahl und warte. Obwohl ich die Nummer 401 gezogen habe, was Polposition für den Visumsschalter bedeutet, passiert nichts. Ich habe also mehr als genügend Zeit das Formular auszufüllen, welches ich in die Hand gedrückt bekommen habe. Sogar die Postadresse der Reisegesellschaft kann ich per SMS noch erfragen. Irgendwann, ein alter Brasilianer versucht gerade über mich einen Job in der Schweiz zu ergattern, blinkt meine Nummer endlich auf.

„Your reference number does not exist.“

Werde ich vom sehr effizienten Angestellten hinter dem Schalter informiert.

„Not possible.“

Entgegne ich.

„Wait?“

„Where?“

„Wait.“

Ich setze mich also wieder hin und warte. Nach einiger Zeit des nichts geschehens Nummer 407 ist gerade durch, stelle ich mich penetrant neben den Schalter.

„Give me your number.“

Meldet sich der Beamte dann endlich bei mir. Ich schreibe ihm die Nummer auf, während er mich wieder bittet zu warten. Dieses Mal bleibe ich direkt neben dem Schalter stehen. Eine gefühlte Ewigkeit später entschuldigt er sich. Es klingt so, als wäre bei ihnen etwas schief gelaufen. Sprich langsam lasse ich die erste Vorfreude zu. Kurze Zeit später hat er meine Nummer gefunden. Jetzt geht alles unglaublich schnell. Ich bringe ihm bei, dass ich das Visum unbedingt am nächsten Tag schon brauche, damit ich den einmal pro Woche fahrenden „Transasiaexpress“ von Ankara nach Tehran erwische.

„No problem.“

Meint er nur, ich könne am folgenden Tag um 11 Uhr das Visum abholen. Jetzt muss ich nur noch bei der Bank gegenüber die 50 Euro Gebühren bezahlen und morgen meinen Pass wieder abholen.

Aus dem Tram gesehen und herausgehüpft. Nördlich von Karaköy.

Beschwingt von dieser guten Nachricht verlasse ich die Botschaft und wage mich gar zur Hagia Sophia hoch in den Touristenbereich, den ich bisher gemieden hatte, doch fühle ich mich gerade so glücklich, dass ich es wage. Nachdem mich verschiedenste Leute versucht haben in einen Touristenbus zu drängen und ich einen Teppich ausschlagen musste, hatte ich aber schon wieder die Nase voll.

An der Anlegestelle in Karaköy. Fischer und eine leere Werbetafel. So gefällts.

Lieber ging ich in Karaköy in die trendigen Cafés rein, wo sich Touristen und hippe Einheimische gleichermassen versammeln. Vorher buche ich aber noch in Sirkeci  (dem Bahnhof auf der Europäischen Seite Istanbuls) das Ticket für den Zug von Ankara nach Istanbul. Wie erwartet gibt es zu dieser Jahreszeit auch noch zwei Tage vor Abfahrt Tickets. Ich bezahle rund 140 Lira, was gefühlt 60 Franken entspricht und hoffe, dass das mit dem Visum wirklich klappt.

Katze vor einem Badehaus, die sich vor dem Regen verkrochen hat.

Rund 12 Stunden später habe ich das Visum in der Hand. Ich frohlocke und kaufe mir ein Ticket für den Hochgeschwindigkeitszug von Istanbul nach Ankara. Wobei man noch vorsichtig sein muss, denn der Zug verlässt Istanbul in Pendik, sprich mindestens 1.5 Stunden von Sirkeci aus. Das ausgerechnet der Erwerb dieses Tickets die grössten Probleme darstellen könnte, hätte ich allerdings nicht gedacht. Die Frau hinter dem Schalter ist nämlich gerade dabei Whatsapp-Nachrichten zu schreiben und will sichtlich nicht unterbrochen werden. Das ich störe bekomme ich eindeutig zu spüren. Sie macht den Eindruck zu überlegen, ob sie mich gar nicht bedienen soll, da sie aber hinter dem einzigen offenen Schalter sitzt, hat sie wohl keine Wahl. Nach jedem Mal, bei dem sie mir wieder ein Wort mitgeteilt hat und festgestellt, dass ich noch immer nicht aufgegeben habe, nimmt sie ihr Telefon und tippt daran gemütlich weiter.

„Passport.“

Meint sie so unfreundlich, wie möglich, nachdem ich ihr endlich mitteilen konnte welchen Zug ich möchte. Ich gebe ihr den Pass und sie schaut das iranische Visum an.

„Name.“

Meint sie ungeduldig. Ich versuche ihr zu zeigen, dass sie blättern soll, aber dafür müsste sie aufschauen.

„No.“

Entscheidet sie und gibt mir den Pass zurück. Ich schlage ihr die richtige Seite auf und erhalte tatsächlich ein Ticket, nach dem ich ihr den exakten Betrag hingelegt habe, denn sie gibt kein Wechselgeld. Zum Schluss lächelt sie mir ein Lächeln zu, das sehr wohl heissen könnte: „Jetzt kann ich ja wieder lächeln, da ich endlich meine Ruhe habe.“ Man stelle sich bloss mal vor man hätte eine Sekretärin, die so arbeitet.

Blick aus dem Zug hinunter auf die Autobahn.

Etwas später sitze ich im Hochgeschwindigkeitszug von Istanbul nach Ankara. Er „rast“ mit absolut konstant 110 km/h durch die städtischen Gebiete, später schraubt er bis 250 km/h hoch. Was ihn wohl aber wirklich besonders macht ist, dass er absolut pünktlich ist. Zudem wird man vorher wie im Flugzeug kontrolliert und muss auch frühzeitig dort sein. Warum man die Vorzüge des Zugs im letzten Augenblick daher gerannt zu kommen und sich einfach irgendwo hin zu setzen so einfach zu Nichte macht, kann ich mir allerdings nicht erklären. Aber es wirkt zumindest alles sehr professionell und das scheinen die Leute zu wollen. Zumindest jene, die bereit sind für diese Strecke 70 Lira zu bezahlen (vergleiche 140 Lira für Ankara – Teheran). Zeit ist bekanntlich Geld. Ich kann den Zug aber auf alle Fälle empfehlen. Die Landschaft ist viel besser zu sehen, als aus dem Bus und bereits hier sehr schön.

So in diesem Sinne steige ich dann morgen Mittwoch um 10 Uhr in den Zug nach Teheran und sollte am Freitag um 20 Uhr dort ankommen. Es kann aber auch 4 Uhr morgens werden, denn dieser Zug ist eben schon etwas älter, genau wie die Strecke. Aber ich bin sehr sehr gespannt und freue mich wie ein kleines Kind.

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Die Pendelstrecke oder in 58 Stunden von Zürich nach Istanbul

Zum Dritten mal fahre ich nun die Strecke Zürich – Istanbul oder umgekehrt und jedes Mal wirkt sie anders. Das Tor dazu ist immer Budapest.

Die Rettung einer Statue? Gefunden in einem ziemlich heruntergekommenen Quartier hinter dem Bahnhof in Budapest.

Heute ist alles in ein winterlich-weisses Kleid gehüllt. Die Landschaft breitet sich unschuldig in der Morgensonne aus. Ich bin die einzige Passagierin des ganzen Wagens, habe sechs Betten für mich und eine Kondukteurin, sowie einen Kondukteur. Wobei sich die Kondukteurin sehr gut um mich kümmert und den Herrn gar nicht in meine Nähe lässt.

Blick aus dem Zug: Wäre es so, wenn ich mich im Winter auf das Abenteuer transsibirische Eisenbahn einlassen würde?

Ich bin mir auch sicher, dass sie mir die Frau zur Grenzkontrolle vorbeigesendet hat. Ich habe den Vorhang geschlossen, wie ich es in der Türkei gelernt habe und schaue nur durch das andere Fenster nach draussen. Dadurch entsteht eine eigene kleine Welt. Es empfiehlt sich eigentlich in jedem Land in dem eine Frau alleine unterwegs war, sobald keine anderen Frauen da sind. Eine offene Tür wird einfach zu schnell als Einladung interpretiert. Seis drum ich bin absolut unbehelligt, habe meinen ganzen Kram hier im Abteil verbreitet und mein Essen rationiert, denn ich hatte in vager Erinnerung, dass es keinen Speisewagen oder ähnliches gibt. Die Erinnerung hat mich nicht getrügt. 22 Stunden Selbstversorgung. Es gab Banane, Orange, Sesamcrackers, Ungarische (leicht scharfe herrlich schmeckende) Würstchen, ein interessantes Blätterteigbrötchen von Lipot (einer wohl bekannten Bäckerei in Budapest mit der einzigen unfreundlichen Bedienung, die ich in Ungarn bisher erlebt habe), Linzerkekse, eine Packungs Chips, 3 l Wasser und ein Bier. Besonders das Wasser ist wichtig, denn in dem Wagen wird so fest geheizt, dass ich Angst habe, dass meine Schokolade gleich davon schmilzt. Auch hier langsam vor sich hin zu dehydrieren stelle ich mir nicht lustig vor. Obwohl es einen Hebel zur Regulierung der Heizung hat, den ich auf Minimum gestellt habe, hilft nur das Lüften von Zeit zu Zeit, um nicht ganz zu schmelzen.

Nach einem ganzen Tag bei eisiger Kälte in Budapest. Dennoch war es eine gute Entscheidung hier einen Aufenthalt von 10 Stunden einzuplanen, denn nur bis 6 Stunden vor Zugabfahrt lassen sich Schlafabteile buchen.

Ich möchte mich allerdings nicht zu sehr über die Wärme beklagen, denn nach 10 Stunden Aufenthalt in Budapest, die ich zwar genossen habe, die aber eisig kalt waren und nur zu bewältigen indem ich mich von Restaurant zu Tram, zu Galerie, zu Laden durchgeschlagen habe, bin ich ganz froh drüber.

Galerie mit hippen Cafes und einer Kunstausstellung privater Sammlungen, wo ich wenigstens zwischendurch eine halbe Stunde auf einem Stuhl schlafen konnte.

Eigentlich dachte ich, dass ich diese Strecke kennen würde, doch fahren wir statt über Serbien über Rumänien. Kein grosser Unterschied dachte ich mir, die ich mich schon mit der Eintönigkeit der Landschaft abgefunden hatte. Plötzlich schaue ich aus dem Fenster. Alles hat sich verändert. Ein Fluss, der sich durch beeindruckende Felsen gefressen hat, windet sich zu Füssen des Zugs entlang.

Vorbeiziehende Landschaft in Rumänien. Bein einer Zugfahrt ist zu empfehlen darauf zu achten hier bei Tageslicht durchzukommen. Bei einem Zug pro Tag bleibt allerdings auch nur bedingt eine Wahl.

Kleine Dörfer, wo viele Menschen einsteigen, nur nicht in meinen Wagen. Hier bleibe ich alleine. Die Mehrklassengesellschaft und die Frage, wie das rentieren kann.

Bahnwärterhaus weit weg von allem.

In Sofia treffe ich zum Glück auf zwei junge Frauen aus Deutschland, die ebenfalls nach Istanbul unterwegs sind, denn auf dem Weg nach Istanbul steht eine Stunde Wartezeit mitten in der Nacht an der Grenze an. Einer der eher unangenehmen Übergänge in meiner Erinnerung, doch dieses Mal anders, denn es ist bitter kalt. Wir und die Grenzbeamten frieren zusammen und das verbindet. Noch nie zuvor wurden wir so schnell und freundlich durchgewunken. Und dann gehts weiter in einem kleinen Bus mit Eisblumen an den Fenstern.

Skyline der verschneiten europäischen Seite Istanbuls.

In Istanbul erwartet mich Sarp – der Couchsurfer, den ich bei der letzten Reise kennen gelernt habe. Wir stapfen gemeinsam durch den Schnee, der langsam schmilzt. Er hat frei, denn wenn hier Schnee liegt, steht alles still. Keine Uni, viele gehen nicht zur Arbeit, aber zum Glück fährt die Metro dennoch. Sprich eigentlich würde alles funktionieren, aber vielleicht ist es einfach noch eine Tradition in so einem Moment frei zu haben und ich freue mich auf interessante Diskussionen mit Sarp und seiner Freundin über Gott und die Welt im wahrsten Sinne des Wortes.

Schnee am Bosporus.

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Zu spät an der Grenze

Am Tag zuvor hatten wir das Dzong nicht mehr anschauen können, doch Pelden war so nett und gab Nim und mir nochmals einen Versuch, bevor unsere drei Nächte in Bhutan wieder vorbei waren.

Die traditionelle Kleidung mit und als Innenleben des Dzongs.

Ein Dzong ist übrigens ein Kloster, das als Festung gebaut wurde. Hier dürfen Bhutanesen nur in der traditionellen Kleidung hinein, doch Touristen können herumspazieren wie sie wollen.

Das Dzong von aussen und als Ganzes.

Dennoch trampelt man natürlich nicht einfach mit Schuhen in einen der vielen Räume hinein, in denen ein Buddha steht und wo einem lauter Stoffe vom Himmel her entgegen zu fallen scheinen. Auch sonst ist Respekt geboten, bringt man den Bhutanesen diesen aber entgegen ignorieren sie einen nicht mehr, sondern begegnen einem sehr sehr freundlich.

Der Eingang zu einem der beschriebenen Räume und das herzliche Lachen eines Mönchs.

Wir waren auf jeden Fall erneut gefangen von der Atmosphäre und dem Kunsthandwerk dieses Ortes, während Pelden auf uns wartete und uns dadurch dazu anhielt uns etwas schneller von dem Anblick zu lösen.

Affen aus der Nähe.

Wir hätten es dennoch noch rechtzeitig ins Tal schaffen können, wenn nicht plötzlich Nebel aufgezogen wäre, der unsere Talfahrt abrupt ausgebremst hat. Dennoch freuten wir uns schon, als wir dann doch rechtzeitig zum Ausstempeln an der Grenze Bhutan – Indien angekommen waren. Ich hielt meinen Abdruck im Pass und wir suchten schnell in der Stadt nach dem Büro für die Einreise nach Indien, doch Vorsicht, das schliesst viel früher.Damit war ich zwar in Indien, aber nicht offiziell eingereist.

Kunst gefunden in Paro.

Glücklicher Weise dachten die Inder von jener Nacht, dass ich sie in Bhutan verbracht habe und die Bhutanesen, dass ich sie in Indien verbracht hatte und sonst hat niemand gefragt.

Und ich habe das Geheimnis Bhutans zu ihrem Glück gefunden. Wie schön ist es doch so eine Toilette aufzusuchen.

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Taktshang eines der beeindruckendsten Klöster

Auch Tigers Nest genannt, hängt es in den Bergen und kann den ganzen langen Weg hinauf schon bestaunt werden. Nim und ich kamen aus dem Fotografieren nicht mehr heraus. Aber am besten schaut ihr euch einfach die Bilderan und stellt euch vor, dass es viel beeindruckender ist, als es sich in einem Bild jemals festhalten lässt.

Hier hinauf dürfen wir klettern. Der Anstieg erfolgt auf der Linken Seite. Man passiert die Fahnen und gelangt durch die Schlucht zum Kloster hinauf. Es sieht zumindest heutzutage halsbrecherischer aus, als es ist.

Vor lauter Begeisterung brachte ich natürlich einmal mehr unseren Tagesplan durcheinander, da ich viel zu lange an dem Kloster fest hing. Einfach hinsitzen und über die Landschaft staunen, die Malereien bewundern und die Vögel zwitschern hören.

Nochmals

Und dann ist da noch dieser dschungelartige, verwunschene Wald, der alleine schon einen Besuch wert ist.

Der verwunschene Wald.

Verschlägt es euch jemals nach Bhutan kann ich nur raten diesen Ort nicht aus zu lassen.

Ein Glimps aus dem Wald auf das Tiger Nest.

Ich hielt mich an diesen Rat, verpasste dadurch aber eine Besichtigung des hiesigen Dzongs, was ich nicht als weiter tragisch erachtete, denn als wir zum Bauernhaus zurück kamen, war gerade die jährlich stattfindende traditionelle Reinigung des Hauses in Gang.

So eingehüllt liess sich Kälte und Sonne gleichzeitig trotzen, ohne den Blickwinkel zu verengen (eingefangen von Nims Fotokünsten).

Dies wurde aber nicht wie bei der Kunstschule mit Besen und Wischmob gemacht, sondern mehrere Mönche schwärmten durchs Haus, spielen von mir nie gehörte Instrumente, verteilten Rauch, gaben uns verschiedene traditionelle Häppchen zu essen und streuten Reis auf den Boden.

Der zur Reinigungszeremonie gehörende Schrein. Viel Butter ist involviert.

Alles konnte ich nicht erfassen, doch das ganze Haus vibrierte. Die Musik gab allem eine neue Atmosphäre und ich war glücklich darüber, dass die ganze Zeremonie wirklich den ganzen Tag in Anspruch nahm.

Am musizieren im Zimmer, das ganz oben im Haus reserviert ist für diesen einen Anlass ihm Jahr, wenn ich das richtig verstanden habe. Auf dem Boden verstreut sind Reiskörner zu sehen.

Beendet wurde das ganze – wie könnte es anders sein – mit einem herrlichen Abendmahl. Danach durfte ich noch ein traditionelles Kleidungsstück anprobieren. Die Frage war klar, konnte dieser Tag noch besser werden? Eigentlich müsste man da verneinen, doch stand noch ein heisses Steinbad auf dem Programm. Dazu sitzt man in einen Zuber draussen hin und es werden einem von Zeit zu Zeit glühende Steine zum wärmen mit ins Wasser gegeben. Draussen knistert das Feuer und die anderen sind am schwatzen, während ich meine Ruhe habe. Herrlich.

Bhutans Farben.

Nur  hat mich Pelden etwas aufs Kreuz genommen. Denn ich fragte ihn, ob sie da jeweils nackt hinein steigen, da ich natürlich keine Sitten verletzen wollte. Er lachte mich aus und meinte natürlich. Später stellte sich heraus, dass er das nicht so ernst gemeint hat und zumindest Nim hatte sich nicht von seiner Unterwäsche getrennt.  und ging absolut glücklich schlafen.

Aber nicht nur ich war am Lachen in diesem Land, sondern auch viele der kleinen Gesichter, die zwischen den Gebetstrommeln hervorlugten.

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