“Ich war in Persepolis” – Shiraz

Genau um das zu sagen ist dieser Ort da. Zumindest für jene Leute wie mich, die nicht den Mut aufbringen Persepolis einfach auszulassen. Natürlich ist dies ein sehr geschichtsträchtiger Ort, aber einfach nicht schön aufgemacht. Überall, wo etwas zu sehen oder fotografieren wäre, wurde eine dicke, dreckige Glasmauer davor gepflastert, um das unter allen Umständen zu verhindern. Besonders wichtig bei Duplikaten, denn viele der Originale sind vielmehr in Museen in Teheran zu betrachten.

Blick über Persepolis.

Aber vielleicht bin ich auch etwas unfair, denn obwohl erst Frühling war, machten mir Hitze und Sonne schon zu schaffen. Ich fluchte einmal mehr über die Hüllen, denen ich nicht entschlüpfen konnte. Das grösste Versäumnis war allerdings, dass ich die Sonnenbrille nicht mitgenommen hatte. Dieser Ort kann einen wahrlich über die fehlende Liebe in der Aufmachung hinwegblenden. Zudem hatte dieser Tag einfach schlecht begonnen. Wieder riefen mir übereilige Maenner „hello, hello“ nach. Danach riss ein Mann meine Hand gewaltsam an sich, bis ich sie ziemlich wütend zurück eroberte. Grollend fand ich endlich den Minibus, der südwestlich des Busbahnhofs in Richtung Marvadasch (den nächsten Ort bei Persepolis) fuhr. Dabei lief ich einem weiteren Mann ins Messer, der die Gelegenheit nicht ausliess mich an zumindest am Rücken zu betatschen. Das war gehäuft an einem Tag allerdings alles, was ich im Iran zu erdulden hatte.

Raststätte auf dem Weg nach Shiraz.

Sonst ging mir nur das „hello, hello“ auf den Zeiger. Warum? Weil Iraner dies nie zu einer Iranierin sagen würden, es zu beantworten als Aufforderung missverstanden wird und es nicht zu beantworten in meinen Augen unhöflich und vielleicht auch ein Spürchen arrogant ist. Von dieser Auswahl lag mir das ignorieren dann aber doch näher.

Necropolis in der Naehe von Persepolis. Der kleine Würfel neben den Gräbern im Fels könnte auch ein modernes Gebäude sein. Das ganze ist in die passende Landschaft eingebettet Grund genug mich mit Persepolis zu versöhnen.

Der Tag sollte allerdings dennoch in guter Erinnerung bleiben, denn ich traf auf einen Rumänen Namens Mircha und einen Japaner, Shin. Zusammen gingen wir weiter nach Necropolis, was sich in meinen Augen schon deutlich mehr lohnte. Auch faszinierte mich Mirchas lockere Art mit den Taxifahrern zu verhandeln. Er war ein sehr überlegter Mensch, ein fantastischer Beobachter, der schon nach Afghanistan gereist war und allem voran an einem Filmprojekt über die Untergrundmusik in Teheran mitgewirkt hat. Er meinte aber, dass es eher eine Entdeckung ihrer selbst und der ganzen westlichen Kultur geworden war, denn sie hatten während des Drehs in Teheran bemerkt, dass versucht sich und ihre Lebensweise wieder zu entdecken. Er wollte mir den Film zukommen lassen, doch leider funktioniert die Mailadresse nicht, die er Shin und mir gegeben hat. Die böse Frage… Zufall? Nichts desto trotz hatten wir einen Nachmittag mit spannenden Diskussionen.

Orangenbäume tragen reife Früchte, Vögel zwitschern und es duftet herrlich. Eine weitere Oase in der Grossstadt beim Grab des Dichters Hafes.

Wir verabredeten uns am nächsten Tag am Grab von Hafez einem als Legende verehrten iranischen Dichter. So ganz geniessen konnten wir das allerdings nicht, denn Shin hatte sein Portemonnaie im Taxi liegen gelassen und der Tag war folglich der Suche danach gewidmet. Leider erfolglos. Einen kleinen Moment schnupperten wir dennoch im Garten. Danach wurden wir von einem Anwalt aus Shiraz zu einem fantastischen Mittagessen eingeladen.

Mandelblüte.

Im Anschluss war die Besteigung eines Hügels mit meinem Gastgeber hier in Shiraz angesagt. Mich erwartete ein wunderbarer Ausblick über die ganze Stadt und munter blühende Mandelblüten. Natürlich fanden wir auf dem Weg auch ein paar Pärchen, die sich hier trafen, doch erstaunlich wenige. Allgemein scheint man im Iran auf jeden Hügel steigen und die Aussicht geniessen zu können und ist dabei oft alleine. Dabei durfte ich auch gleich testen, wie sich die iranischen Kleiderregeln mit Sport verbinden lassen. Die Antwort ist eindeutig: schlecht. Aber Frauen dürfen zum Beispiel auch keine Velos mieten, obwohl es wohl nicht offiziell verboten ist welche zu fahren.

Verschiedene Arten des Kopftuchtragens. Man beachte vor allem die - nicht politisch gesehene - rechte und linke Position.

Ihr seht dass sich meine Gedanken immer wieder um ähnliche Themen drehten. Ich bin hin und her gerissen. Die Menschen sind alle so nett, aber viele auch zu nett. Es kommt nicht immer von Herzen und ist auch vor allem auf Ausländer bezogen. Zudem haddere ich mit all den Regeln und Ungerechtigkeiten.

Das Dach eines Wasserspeichers und der Blick über Shiraz.

Gleichzeitig hege ich viel Sympatie gerade weil wir im Westen vieles vom Iran so verteufeln. Die meisten sehen den Iran als gefährliches Reiseland, was er definitiv nicht ist. Auch ist zum Beispiel die Gesundheitsversorgung über Oelgelder finanziert und sehr gut. Die Menschen, die ich getroffen habe, scheinen aber unglücklich mit der festgefahrenen Situation, doch lieben sie ihr Land zu sehr, als dass sie es verlassen wollten. Sie bilden sich ihre eigenen kleinen Oasen mit ihren Freunden, schauen die verbotenen Fernsehsender, rauchen Gras und trinken, um sich den Alltag zu versüssen. Zudem essen die meisten sehr gerne und gut. Vieles zeugt von (unterdrückter) Lebensfreude und noch mehr deutet darauf hin, dass die Trennung von Religion und Staat eine der wichtigsten Errungenschaften in diesem in so mancher Hinsicht fortschrittlich wirkenden Land sein könnte.

Beim hinunterklettern ist es bereits dunkel. Hier ein kleines Denkmal und die Lichter von Shiraz. Man erkennt gut die wichtigsten Strassenverbindungen.

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