Orangenblügentee in der Wüste

Das Glück war mir einmal mehr hold. Ich traf Rob einen Kanadier in meinem Hostel. Er wollte per Anhalter nach Yazd aufbrechen oder irgendwo hin in die Wüste gehen und ich packte die Gelegenheit am Schopf und schloss mich ihm an. Am nächsten Morgen nahmen wir einen Bus zum östlichen Stadtrand. Aber ein junger Iraner, der uns behilflich sein wollte, sprach immer von Taxi. Bis wir ihn überzeugten zusammen mit uns Autostopp zu machen.

Ein Teil der iranischen Familie, die in der Moschee gepicknickt und uns eingeladen hat.

Erst wollte ich mir allerdings die kleine Moschee anschauen, was ich auch tat. Da war eine Familie versammelt. Der Grossvater, uralt, kommt jeden Donnerstag hierher, um am Grab seiner Frau zu verweilen. Wir wurden ebenfalls eingeladen. Es gab herrliche Klösse aus Kartoffeln und Ei, wie uns gesagt wurde, dazu Brot und frischen Salat. Doch da begann auch die Lüge. Wir erzählten, dass wir verheiratet sind. Da wussten wir allerdings noch nicht, dass wir diese Geschichte eine Weile aufrecht erhalten mussten.

Rob und ich in derselben Moschee.

Der junge Mann, der mit uns Autostopp machen wollte, stellte sich als Nima vor und lud uns so lange zu sich nach Hause ein, bis wir uns ihm anschlossen. Er besuchte nämlich am freien Donnerstag (hier ist das Wochenende Donnerstag und Freitag) seine Familie.

Spitze eines Taubentrums und die Landschaft in einem kleinen Dorf in der Nähe von Esfahan.

Wie alle persischen Familien hatten sie ein prunkvoll eingerichtetes Haus und wir wurden mit offenen Armen empfangen. Vor allem Nasim seine Cousine habe ich sogleich ins Herz geschlossen. Sie vertrat ihren Standpunkt sehr direkt, ist mit einem Ingenieur verheiratet und machte keinen Hehl daraus, was sie vom Kopftuch und all den Sachen hält. Darüber hinaus ist sie aber auch eine herrliche Köchin und sie malt, obwohl ihr alle sagen, dass sie verrückt sei dies zu tun.

Sicht auf das Dorf und den "Berg" dahinter, den wir bestiegen.

Obwohl sie uns gleich wieder nach Esfahan schleppen wollten, zogen Rob und ich das Dorf vor. Wir wanderten durch das Dorf, kletterten in einen Taubenturm hinein und stiegen auf den kleinen Berg in der nähe. Auch für Nima war dies das erste Mal. Er schien erst zögerlich, dann hatte er aber grosse Freude an unserem kleinen Abenteuer, den unser Besuch in sein Leben brachte.

Auf diesen Hügel sind wir für den Sonnenuntergang gekraxelt.

Nima ist 18 Jahre alt und sehr clever. Er fährt oft zu seiner Familie hinaus und meinte, dass er meist mit Gleichaltrigen nicht viel anfangen kann. Das habe ich auch schon von anderen hier gehört. Vor allem das Männer in dem Alter oft nur ein Thema hätten. Wie kann ich mich mit einer weissen Frau abbilden lassen oder ist sogar noch mehr drin. Ist schon lustig wie sehr so etwas zum Thema wird, wenn die öffentliche Auslebung von Sexualität so tabuisiert ist. Aber das ist wohl die Kehrseite von Verboten. So hatten die meisten Iraner, die ich getroffen habe irgendwo eine Flasche der verpönten Alkohols versteckt, um sie wohl vor allem Ausländischen Gästen mit Stolz zu präsentieren.

Der Vollmond und ich. (by Rob Boogaerts)

Nach längerem überlegen geben wir unser Vorhaben in die Wüste zu fahren komplett auf und übernachten bei dieser spannenden Familie. Ich stehe weiter notierend in der Küche herum und wir können verschiedenste Dörrfrüchte und Gaz – eine lokale Süssigkeit aus dem Saft des Gaz-Baumes und aus Pistazien – probieren. Einfach wunderbar zu Tee.

Auf dem Rückweg zu unseren Gastgebern. Stille liegt über dem Dorf. Nur irgendwo singt ein Muezzin.

Am nächsten Tag fahren uns Nima und Nasim nach Na’in. Das ist eine kleine Wüstenstadt mit einem sehr schön aufgemachten Museum. In meinen Augen auf jeden Fall einen Stopp wert.

Wassersystem und Kühlung in Na'in.

Von dort ging es weiter durch die Wüste nach Yazd, wo wir beide im Silk road hostel unterkamen. Ein sehr günstiges Hostel in einem historischen Gebäude mit herrlichem Essen gleich hinter der Jame Moschee. Was will man mehr.

Blick von der Hosteltür auf die Jame Moschee bei Nacht.

Dort habe ich auch den Orangenblütentee entdeckt. Ich habe schon viel Tee gekostet, doch diese Vielfalt konnte noch kaum ein Tee erreichen. Er schmeckt einfach fantastisch. Allerdings wird er aus frischen Blüten gemacht. Daher muss der Geschmack wohl einzig in meiner Erinnerung bleiben. Falls es euch aber jemals hierher verschlägt, kann ich nur empfehlen Orangenblütentee zu kosten.

Innenhof des Wassermuseums. Von hier kann man nach unten steigen, um die früheren Kühlräume und Verbindungen zu den Kanälen zu betrachten, sowie einiges über die Geschichte der Wasserversorgung lernen.

In Yazd habe ich einmal mehr die Hauptattraktionen ausgelassen, da ich leider etwas durch dieses Land hindurch rase. Stattdessen habe ich das Wassermuseum aufgesucht, denn das ganze alte Wasserversorgungssystem ist sehr spannend. Heute ist die Infrastruktur leider nicht mehr in Betrieb und es wird viel Wasser verschwendet. Der Grundwasserspielgel ist erheblich gesunken und viele Flüsse sind komplett ausgetrocknet. Mit der Wasserversorgung war auch ein Kühlsystem verbunden. Man kann noch überall die Türme davon sehen, die Luft durch die Gebäude zirkulieren liessen. Wo wirklich nötig war der Mensch eben schon lange sehr erfinderisch.

Neues Kühlsystem in der Moschee in Na'in.

Kaum hatte ich dies gesehen musste ich auch schon weiter, denn mein nächster Couchsurfer war per Zufall gerade in Yazd und konnte mich gleich nach Shiraz mitnehmen. Ein Associate Professor aus Shiraz, der sich unter anderem mit Effizienzsteigerung in der Zementindustrie beschäftigt und von dem ich relativ viel über die Wasserprobleme erfahren habe.

Ein weiterer Vorbote von Nou Rouz. Überall gibt es bunt bemalte Küken. Hier in einem Taxi.

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One Response to Orangenblügentee in der Wüste

  1. Vera says:

    I love reading your travel blog. Especially the story about orange blossom tee (definitively a delight)
    Vera

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