Ich sitze zum ersten Mal in meinem Leben in einem Geschlechter getrennten Internetcafé im Osten der Türkei. Und ich muss sagen ich bin über die strikte Geschlechtertrennung zumindest im Zug sehr froh gewesen. Sie hat mir eigentlich immer ein Einzelabteil beschert, dass ich auch ganz gerne abgeschlossen habe.
1. Juni, Abfahrt ab Zürich HB mit dem Nachtzug nach Budapest.
2. Juni, Verspätung wegen eines Erdrutschs in Österreich. 15 Minuten mich vor die Schlange zu drängen und noch ein Ticket nach Belgrad zu ergattern. Die eine Stunde Aufenthalt in Belgrad ist im Vergleich dazu geradezu entspannt, bis sich herausstellt, dass ich keinen Schlafwagen reservieren kann. Der Kontrolleur wird bearbeitet. Zum Glück mit Erfolg. Die regulären 6 Euro bringen mir ein Bett bis nach Sofia und die Gesellschaft eines Iraners, eines Franzosen und eines Schweizers ein. Der Schweizer fährt mit dem Trans-Asia-Express über Iran, Pakistan nach Indien. Zu gerne würde ich einfach alles stehen und liegen lassen und ihn begleiten. Ein Hauch Vernunft siegt allerdings.
3. Juni, Ankunft in Sofia. Eine spannende schöne Stadt mit wunderbarem Essen. Zehn Stunden Zwischenhalt laden zum Verweilen ein. Leider ist das Kunstmuseum wegen einer Beerdigung geschlossen.
4. Juni, Istanbul. Endlich. Nachdem wir wieder mitten in der Nacht aus dem Zug aussteigen und sehr lange auf die Grenzkontrolle warten mussten, sind wir da. Ich eile als erstes auf die iranische Botschaft. Allerdings bräuchte ich wegen der Wahlen auch für ein Transitvisum eine Registrationsnummer. Die habe ich nicht und die Zeit darauf zu warten fehlt mir ebenfalls. Zumindest, wenn ich irgendwann in Georgien ankommen möchte. Also Entwarnung für alle, die sich schon Sorgen gemacht haben. Zumindest für den Moment. Der Drang in den Iran zu reisen ist noch immer da und wer verhindern möchte, dass ich das alleine tue, soll mitkommen. So einfach ist das. Würde Maloney jetzt sagen. Zu den Ausschreitungen hier kann ich nicht sehr viel sagen. Es geht offiziell um einen Park, doch eigentlich um den Premierminister, den einige nicht mögen und das Verhalten der Polizei. Doch die Bevölkerung scheint gespalten. Ich konnte auf jeden Fall die Zonen gut umgehen, wo es Unruhen gab. In den Medien kommt meist ja nur das Brisanteste. Denn eigentlich ist Istanbul nichts davon anzumerken.

Das Abendessen von meinem Gastgeber und mir. Alles mögliche Kraut und Kräuter mit Zitronensaft übergossen auf einem Plastiktischtuch. Dazu warme Brote und Hacktätschen. Natürlich wird alles von Hand gegessen.
5. Juni, Abfahrt Richtung Ankara mit dem Bus, da die Zugstrecke schon seit einiger Zeit – vor zwei Jahren war das auch schon so – wegen Bauarbeiten ausser Betrieb ist. Dann endlich in Ankara konnte ich einen Zug besteigen. Die gefährlichste Art in der Türkei zu reisen, wie mir gesagt wurde, aber auch mit Abstand die schönste. Der Zug schlängelt sich durch eine traumhafte Landschaft. Das Essen ist ausgezeichnet, die Ruhe einfach wunderbar. Wenn da nicht diese Tatsache wäre, dass ich wie ein Tier ausgestellt in meinem Abteil sitze. Ein Computeringenieur warnt mich vor den bösen Männern. “Trau niemandem. Auch nicht dem Zugpersonal.” Warnt er mich und ich stelle fest. “Also auch dir nicht!” Er stimmt mir zu. Immerhin ein ehrlicher Mensch, der mir eigentlich ganz sympathisch ist. Trotzdem vermeide ich es lieber mich irgendwo anders als im Restaurantwagen mit ihm oder irgendjemandem zu unterhalten. Aber die Ruhe kommt mir auch ganz gelegen.
6. Juni, Erzurum. Nach 24 Stunden Fahrt kommt der Zug an. Ich verlasse mein doch lieb gewonnenes Zuhause sehr ungern und muss feststellen. Das mit dem Reiseführer zu Hause lassen war keine gute Idee. Es ist schon fordernd genug mir all die einst gekonnten Türkischen Worte wieder in Erinnerung zu rufen. Da fehlt Claudia schon, die immer alles wunderbar übersetzen konnte. Gerade in Istanbul wäre es sehr spannend gewesen noch etwas mehr zu erfahren. Wobei ich zum Glück bei einem Couchsurfer war.

Blumen in allen Farben, Felder, dann karge Hügel, später Schneebedeckte Gipfel. Fassetten verschiedenster Formen und Farben sind zu sehen.
Doch so weit so gut. Morgen fahre ich nach Yusufeli und werde dann in Batumi die Grenze nach Georgien überschreiben. Fazit: das lässt sich schon alles ohne zu Fliegen machen. Es ist einfach sehr anstrengend. Allerdings habe ich noch selten so viele Eindrücke in nur einer Woche gehabt.