Gegen Japan hatte Südkorea wirklich einen schweren Stand. Hier merkte ich was das wenige Japanisch, das ich kann für einen riesigen Unterschied machte. Die Menschen gehen anders auf einen zu. Von Südkorea wusste ich fast gar nichts. Die einzigen Informationen, die ich hatte, kamen vom einem ehemaligen Stabsangestellten des Präsidenten, den wir in Mogi im Hostel getroffen hatten und der die Schweiz vom WEF, das er jeweils als Teil der Delegation aus Südkorea besucht hatte, kannte.

Diese freundliche Gestalt begrüsste mich zusammen mit Superman und einigen anderen gleich nach der Ankunft mit der Fähre.
Aber eine Sache würde ich bald kennen lernen. Nämlich, dass man in Südkorea nicht alleine Essen geht. Denn eine Speise ist fast immer für mehrere Personen gedacht. So kam dann auch gleich beim ersten Abendessen die grosse Überraschung in Form einer sehr hohen Rechnung, da ich für zwei bezahlen musste. Wobei ich für 1.5 Personen Essen bekommen hatte. Das muss man ihnen lassen und sie hat auch versucht mir das zu erklären bevor ich das Essen erhalten habe. Ich hatte es bloss nicht verstanden weil es gegen meine innere Logik verstiess. Ich dachte sie würde mir sagen, dass sich vielleicht noch jemand zu mir an den Grill gesellen würde. Zum Glück war ich so hungrig, dass ich alles wegputzte und sie nichts wegwerfen musste.

Vielversprechende Eindrücke aus dem Zug. Das da unten ist eine reine Velostrasse, die dem Zug über eine sehr weite Strecke folgte.
Seis drum, ich weiss, dass ich in jedem Land irgendwann betrogen werde oder eben selber so einen Fehler mache und damit war das für Südkorea auch erledigt. Zumal das Essen war ausgezeichnet gewesen war. Und die scharfen Saucen separat, sodass ich sie umgehen konnte.

Urban Art House, yeah! Wirklich cooler Übernachtungsort wenn auch nicht gerade warm im Winter. Man könnte auch sagen bitterkalt. Aber das Bett ist beheizt.
Mit dem Zug ging es also von Busan nach Seoul, wo ich Charlotte – eine chinesische Malayin – wieder treffen würde und mit dem Urban Art House eine der coolsten Unterkünfte auf meiner Reise fand. Sie war Punk im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht besonders sauber, ich schlotterte überall ausser im Bett, aber Künstler gingen ein und aus und hinterliessen dazwischen ihre Spuren. Die anderen Hostelgäste, lebten hier. Ein Englischlehrer aus Kanada, ein Franzose, der im Hostel arbeitete und Jin, die mit mir das Zimmer teilt und mir die Gegend zeigt. Die Südkoreanerin studiert eigentlich an einem anderen Ort, ist aber für einen Monat in Seoul um zu malen. Und dann sind noch der Dekorateur der bekanntesten Brillenmarke in Südkorea und ein junger Südkoreaner, der gerade einen Job in Seoul erhalten hat und nun reich werden möchte.

In Südkorea scheint man Kitsch noch mehr zu mögen als in Japan. Die pinken Blumen auf dem Baum sind aus “wunderschönem” Plastik. Aber immerhin die Farben auf dem Foto echt.
Ja genau in dieser Gegend zwischen hippen Cafés, traditonell alten Essbuden und Industriegebiet fühle ich mich extrem wohl. Der Ort ist jetzt gerade wirklich am besten Punkt seiner Entwicklung und ich sauge alle Eindrücke in mich auf. Hier ein paar Beispiele.
Auf Anraten des Kanadiers hin mache ich noch einen kleinen Ausflug. In Gupabal hüpfe ich aus der Metro, finde aber den Bus nicht, der mich zur Befestigung Bukhansangseon bringen sollte. Es ist jedoch ein Weg ausgeschildert, der durch einen inzwischen blätterlosen Wald führt. Ein Fitnessweg sozusagen und er führt mich direkt nach Jinyan-gil.

In dem frisch gebauten Dorf findet man auch neuartige Dinge. Besonders die im Wind fliegenden Sonnenschirme haben mir gefallen.
Da ich nicht viel Zeit in Seoul hatte, wollte ich lieber auf den Bukhan Berg rennen, statt die hiesigen Tempel und Sehenswürdigkeiten anzuschauen und wo landete ich? In einem kleinen Dorf, das gerade im traditionellen Stil neu aufgebaut wurde. Ich konnte sogar noch dabei zusehen, welche Technik sie verwendeten, um die Balken in einander zu verstricken. Aber unendlich lange konnte ich nicht verweilen, denn es war schon 14 Uhr und wenn meine Berechnung richtig war, dann musste die Sonne um ca. 17 Uhr untergehen (Abschätzung basierend darauf, dass wir deutlich weiter westlich waren als ich zuvor in Japan, aber in der gleichen Zeitzone und die Sonne in Japan so um 16:30 unter gegangen war).
Nach kurzem Zögern gewann der Wille doch noch einen Berg zu bezwingen. Ich hatte 3 Stunden für hoch und runter das hiess, dass ich einfach um 16 Uhr umdrehen musste, egal wo ich mich befand. Ich nahm es also in Angriff, natürlich ohne Karte, alleine mit dem Eindruck, dass es nicht all zu weit sein konnte. Weit kam ich jedoch nicht, denn ich fand gleich den ersten koreanischen Tempel und wenn ich schon so darüber stolperte, dann wollte ich mir den schon auch kurz anschauen.
Schön! Und bunt.

Der perfekte Weg zu beginn. Bald waren aber diese Treppen weg und es ging nur an einem Handlauf über die ziemlich schrägen und glatten Felsen. Aber eindrückliche Landschaft.
Nach einem kurzen Rundgang wagte ich es also. Ich verliess die Strasse durch eine Schranke mit einer Videokamera. Der Ranger Posten wahrscheinlich und stieg eine Treppe hoch. Gut zu laufen, denn sie war mit Streifen von alten Pneus rutschfest gemacht worden. Neben mir plätscherte ein halb gefrorener Bach. Ein telefonierender Mann kam mir entgegen. Damit wusste ich, dass dieser Weg auch wirklich nicht gesperrt war. Trotz irgendwelchen Warntafeln.
Die Treppe endete aber bald. Erst war noch ein Seil da, später kam ich in ein Gebiet wo es wohl einen Steinschlag gegeben haben musste, denn klettern war angesagt. Zudem hatte ich irgendwo eine Warnung vor Bären gesehen. Nico würde in so einer Situation Singen und ich bin mir sicher, wenn ich das tun würde kämen nicht nur Bären nicht mehr in meine Nähe. Dennoch entschied ich mich lieber lateinische Verse zu rezitieren.
Tu ne quaesieris, scire nefas, quem mihi, quem tibi finem di dederint, … (Frage nicht, denn zu wissen ist verboten, wann die Götter mir, dir das Ende vorgesehen haben) … carpe diem, quam minimum credula postero. (geniesse/pflücke den Tag und vertraue so wenig wie möglich auf den nächsten) – Daher kommt übrigens Carpe diem. Wobei das frei nach Mariane übersetzt ist. Fürs ganze Gedicht und eine offiziellere Übersetzung siehe hier.
Beflügelt von den Worten des Gedichts und vom sich langsam aus der Luft kristallisierenden Schnee, sprintete ich weiter voran. Die Uhr tickte, das Ende war Absehbar aber der Weg nicht immer klar ersichtlich. Bald würde ich umdrehen müssen. Zudem hatte ich natürlich wieder nichts gegessen den ganzen Tag. Ich verdrückte also eine Notration Schokolade und erreichte 5 Minuten nachdem ich hätte umdrehen sollen den Pass, wo endlich auch der Weg auf die andere Seite angeschrieben war. 1.3 km den Berg runter.
Ich konnte also noch die paar Meter zum Gipfel hoch gehen und die Aussicht geniessen. Und was für eine Aussicht. In der einen Richtung eine Art sächsische Schweiz und in der andere Seoul.
Das hatte sich wirklich gelohnt. Ich genoss es noch einen Moment, dann machte ich mich an den Abstieg und erreichte schon um 16.30 Uhr wieder Zivilisation in Form eines weiteren Tempels. Hier würde man auch übernachten können. Wäre eine gute Option gewesen, wenn ich das gewusst hätte.

Das wohlverdiente Essen zusammen mit Charlottes Freund und der milchigen Flüssigkeit, die allerdings keine Milch sondern ein sehr leckerer Alkohol ist. Mit 5% auch ziemlich leicht verträglich. Da lerne ich auch, dass man sich beim Trinken von älteren Personen abwenden sollte und das sozusagen verdeckt tut.
Und danach gings mit Charlotte und ihrem Freund zu einem absolut köstlichen Essen. Doch trotz Bärenhunger von meiner Seite schafften wir die Portion zu dritt nicht komplett. Man stelle sich bloss vor ich wäre alleine gewesen, denn eine kleinere Einheit war nicht bestellbar.