«Vielleicht sehen wir uns nie mehr»

Satomi, Aki und ich haben denselben Jahrgang. Satomi hatte ich seit 10 Jahren nicht mehr gesehen, Aki seit 13 Jahren. Schon spannend wie wir uns vollkommen in andere Richtungen entwickelt haben. Aki ist Consultant und selbstständig, trägt einen Ring von Dior oder irgend so etwas und hat zum Glück wieder eine gesunde Menge Fleisch auf den Knochen. Da sie mich «leider» nicht bei sich zu Hause unterbringen kann, gehe ich ins Yume (=Traum) Nomad Hostel und schleppe sie dorthin mit. Es ist unglaublich sympathisch was für ein schlechtes Gewissen sie deswegen hat. Und ich muss sagen alleine dafür habe ich sie wieder ins Herz geschlossen, obwohl uns Welten trennen. Aber in Japan ist es wirklich gar nicht üblich jemanden mit nach Hause zu nehmen. So hat auch Kai mich nicht eingeladen und ich wollte mich auf keinen Fall aufdrängen. Umso bemerkenswerter, dass Satomi uns gleich eingeladen hat. Das erklärt aber auch, warum ich immer noch die genau gleiche Verbundenheit mit ihr verspüre, als hätten wir uns gestern eben getroffen.

Aki in meinem Hostel zu Gast. Hier ohne Make-up. Aber wenn man gewisse Geschäftskunden trifft ist das anscheinend unhöflich. Am nächsten Tag war sie wieder hellhäutig.

Aki und ich sitzen draussen im kalten Wind und trinken Bier. Das gemeinsame Frösteln verbindet. Auf jeden Fall freue ich mich Aki wieder zu sehen und wir machen für den nächsten Tag nochmals ab. Danach nehme ich aber planmässig den Zug nach Hamamatsu zurück zu Satomi. Denn als ich darüber geschrieben habe, dass ich Japan so liebe weil Satomi und ihre Familie einfach so umwerfend sind, da habe ich auch beschlossen, dass ich in der Zeit, die mir in Japan bleibt, nicht Sehenswürdigkeiten nachjagen, sondern möglichst viel Zeit mit Satomi verbringen werde.

Mit Satomis Familie.

Dies beinhaltet, dass ich tagsüber irgendetwas mache – z.B. Einkaufen und Kochen und Abends haben wir dann etwas Zeit zusammen. Ich wasche ab, hänge Wäsche auf und spiele mit Yuna. So werde ich in kürzester Zeit ein Teil der Familie. Satomis Mann meinte auch eines Abends, als wir noch alleine da sassen, dass Satomi sehr glücklich ist seit ich da bin. Das hat mich natürlich sehr gefreut, denn ich war es auch. Noch mehr hat mich aber gefreut, dass er solche Sachen beobachtet und die auch ausspricht. Es hat meinen sehr guten Eindruck nur bestätigt.

Der kurze Blick aus dem Zug in Nagoya – ich habe mal wieder keinen Anschlusszug gehabt auf dem weg nach Takayama.

Wir verbrachten also zusammen eine unbeschwerte Zeit. Ich machte noch einen kleinen Ausflug nach Takayama, das ich mir so als kleines Bergdörfchen vorgestellt habe. Allerdings war es eher das Mekka für Hida-beef. Das ist anscheinend noch besser als das Kobe-beef. Ich habe mir für rund 5 Franken ein Minispiesschen gegönnt, war überzeugt, dass die Sauce sehr würzig und ausgezeichnet war und mir gesagt, dass ich in Zukunft die Touristenattraktionen wirklich auslasse. Trotzdem war es schön, denn es schneite als ich ankam.

Noch die letzten Herbstblätter in Takayama und die alten Kanäle.

Zurück in Hamamatsu galt es langsam Abschied zu nehmen. Und mit einem Schlag wurde mir bewusst. Wenn ich wieder dreizehn Jahre warte, dann werde ich Satomis Eltern vielleicht nicht wieder sehen und eine tiefe Traurigkeit erfasste mich, die noch eine Weile nicht nachlassen sollte. Und das obwohl Satomis Vater an dem Abend sehr betrunken war und mich zum Abschied überaus emotional und nicht gerade sanft gedrückt hat. Ich liess ihn gewährend – bis Satomi und ihre Mutter mit retteten – und ich wieder Luft holen konnte.

Dieser Baum ist einer der ältesten und der letzte in Takayama, der die Blätter verliert. Ist das geschehen, kommt der Schnee ist die Legende und so wars.

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