Alles auf einmal – die Springflut, angefahren, ein steinewerfender Taxifahrer, Lügen und im WC eingeschlossen (Petra)

Gleich vorweg. In den Tagen ist zu viel passiert, als dass ich ein gerechtes Bild von Jordanien abgeben könnte. Also nehmt es mit einer Prise Salz und seid euch bewusst, dass es eingefärbt ist von einigen schlechten Erfahrungen.

Wadi Rum aus dem Taxi. Sprich wir haben es ausgelassen. Aber es kann auch noch so spektakulär sein. Nach der wunderbaren Zeit in Negev hatten wir keine Mühe daran vorbei zu fahren.

Alle hatten uns gewarnt: es gibt Springfluten in der Wüste. Und wollte ich davor noch unbedingt eine sehen, so bin ich jetzt überzeugt, dass ich das nie mehr erleben möchte. Zumindest nicht in Jordanien, denn in Jordanien gibt es keine Warnung davor, aber danach viel Polizei, die so tut als hätten sie die Lage im Griff, aber fliesst das Wasser erst einmal, ist es nicht mehr gefährlich, denn jeder weiss wo es ist und damit ist es nichts anderes als ein Wildbach in den Bergen.

Erster Eindruck von Wadi Musa – dem Dorf, das direkt an Petra angrenzt.

Gefährlich ist der Moment in welchem das Wasser kommt. Diese paar Sekunden und es ist wirklich schnell, reisst alles mit sich, Bäume, Steinblöcke, Autos, was sich auch immer in den Weg stellt oder nicht schnell genug verschwindet, wird erfasst.

Ein trockenes Bachbeet mit einem Wasserreservoir.

Aber ich springe in der Zeit vorwärts. Als wir um 9 Uhr morgens in Petra ankamen und unsere Sachen im Hostel deponierten, war noch fast alles rosig. Ausser, dass ich die Türe der Toilette ganz zuzog obwohl der Türgriff abgebrochen war. Schnell bemerkte ich meinen Fehler, aber da war es schon zu spät. Der Griff liess sich nicht bewegen und natürlich trug ich mein Taschenmesser nicht auf mir. Beim Versuch den Griff in Bewegung zu setzen, schnitt ich mir die Hand auf. Ich demontierte also den Toilettenpapierhalter und versuchte damit die Tür zu knacken. Er war ein kleines bisschen zu dick. Ich schaute mich nach weiteren Werkzeugen um, doch dann kam Nico und befreite mich.

Doch kommt mit auf die Tour: Die ersten Schritte in Petra. Rechts laufen wir, Links reiten Pferde vorbei. Im Ticket inbegriffen und dann wird tief auf die Tränendrüse gedrückt, damit man ein Trinkgeld gibt.

Nun war ich zumindest wach und es ging auf Richtung Petra. Wir hatten ein ganz klein wenig Essen im Gepäck und stapften unwissend voran. Kaum drinnen kam es von allen Seiten auf uns zu. «Wollt ihr reiten?», «Hier, kommt ich kenne einen Speziellen Aussichtspunkt. Dort könnt ihr nur mit Guide hin. Dieses Foto könnt ihr von dort oben machen.» Und dann waren da diese Rennwagen. Pferdegespanne, vor denen man immer wieder zur Seite springen musste, denn sie brachten Touristen im Eiltempo in die Mitte von Petra und zurück.

Wasserkanal, den man auf beiden Seiten des Siq sehen kann. Obwohl es damals weniger trocken war, wussten sie natürlich um die Notwendigkeit einer Wasserversorgung. Daneben rast gerade eines der Pferdegespanne durch.

Vielleicht für alle jene, die Petra nicht kennen. Einmal zum Hauptplatz und zurück sind 8 Kilometer und da hat man noch nicht viel gesehen. Am zweiten Tag haben Nico und ich zum Beispiel rund 35 Kilometer zurückgelegt.

Und dann scharen sich plötzlich die Menschen und etwas schimmert durch.

Wir stapften also durch diese beeindruckende Schlucht (Siq) und da tat es sich plötzlich vor uns auf. Dieses eine Gebäude, das man auf allen Fotos von Petra sehen kann. Dieser eine Augenblick ist schon gewaltig und niemals das Gleiche beim zweiten Mal. Dafür schimmert der rote Fels zu jeder Tageszeit ganz anders.

Dann öffnet es sich mehr.

Dahinter kommen römische Ruinen. Nichts komplett Neues aber schön. Hinter den Ruinen trafen wir Hassan und seine Tochter. Obwohl ich dachte, dass es seine Enkelin wäre, doch die starke Sonne lässt die Beduinen immer älter wirken, als sie sind. Hassan verkauft Beduinentee (Schwarztee mit einigen Kräutern und sehr viel Zucker) an die Beduinen. Nicht an die Touristen. Wir sprachen eine Weile mit Hassan. Er erzählte von der Zeit bevor die Touristen kamen. Von den fast 100 Franken Eintritt, die jeder Tourist bezahlt erhält er gar nichts. (Kommentar von mir: Ausser einen Freibrief diese Touristen aufzunehmen und die Möglichkeit weiterhin hier zu wohnen). Er sagt es ist eine Mafia in Wadi Musa (das ist das Dorf, das direkt vor Petra liegt und wo alle Hotels sind) und ich glaube es sofort.

Römische Ruinen dahinter die Königsgräber.

Der Tee tut gut. Wir sind unterernährt, hatten nicht so viel Wandern erwartet und der Zuckerschub gibt uns wieder etwas Kraft. Später winkt uns seine Tochter lange hinterher. Lange und immer wieder, denn sie sitzt gefühlte Augenblicke später irgendwo hoch oben in den Felsen. Heute hat sie keine Schule. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt, denn das höre ich noch an anderen Tagen. Zu oft, als dass es so richtig wahr sein kann.

Wer erkennt die Karawane? Einer meiner Lieblingsorte im Siq weil die Wasserleitung wunderbar in die Figuren eingebettet ist.

Hassan sagte, dass die Mosche der schönste Punkt in Petra ist, doch dafür war es heute zu spät. Zum Sonnenuntergang stiegen wir stattdessen noch zum Kloster hinauf. Für mich war das der richtige Höhepunkt des Tages, denn als wir noch höher hinauf stiegen hatten wir eine unglaubliche Aussicht. Die Felsen schimmerten golden und rot im Abendlicht und plötzlich war da eine Art Pfeife zu hören. Wir lauschten einfach. Bis ein Mann auf einem Esel angewackelt kam. Als er uns sah, verstummte sein Gedudel leider.

Das Kloster im Licht der untergehenden Sonne.

Beim Abstieg trafen wir eine alte Engländerin mit der wir sehr lange sprachen. Denn sie war eine der letzten, die hinunter ging und wir wollten sie nicht alleine lassen. Sie kann nicht so gut atmen, ging aber einfach Schritt für Schritt und machte immer wieder Pause. Sie nahm zwischendurch einen der Esel für sich in Anspruch und hatte ansonsten einen persönlichen Fahrer angestellt, denn einer Gruppe kommt sie nicht hinterher und sie nimmt gerne ihre Zeit. Früher ist sie ganz anders gereist mit Rucksack und allem. Jetzt ist es halt anders. Wir fragten sie nach einem guten Restaurant in Wadi Musa – keines gefunden. Wir auch nicht.

Impression beim Abstieg.

Am nächsten Tag standen wir um 6 Uhr morgens beim Eingang, um den Touristenmassen zu entkommen, denn es ist Hochsaison und das lohnt sich. Selbst die Eseltreiber sind noch komplett verschlafen und fragen höchstens mal müde «wanna ride?» und kommen einem nicht hinterher, wenn man höflich nein sagt. Ganz im Vergleich zum Vortag. Wir liefen also durch den Siq und dann links hoch auf einem Trampelpfad. Da waren wir alleine. Und hier kommt in meinen Augen die wahre Schönheit Petras zu Tage. Das ist der Stein aus dem es gebaut ist. Beindruckende Schichten wie Jahresringe von Bäumen.

Der wahrste Überdruss. Überall bunte Steine, Details, atemberaubende Landschaft. In kleinen Portionen würde man es in meinen Augen allerdings viel angemessener geniessen.

Und dann ist da die Abstraktion. Wie alles in der Gegend wurde vor hunderten von Jahren verlassen, nachdem ein grosser Teil bei einem Erdbeben zerstört worden war. Seither haben Wind und Wetter daran geschliffen und aus den delikaten Formen eine Abstraktion gezaubert, die nur noch vermuten lässt, was da einmal war. Und in einigen Fällen ist es wie in der Kunst, die abstrakte Form ist faszinierender für mich, als die Nachbildung.

Was ist hier Natur und was Menschengemacht? Verwaschene Formen integrieren das Menschenwerk.

Nachdem wir den Seitenpfad genommen hatten, wollte ich Nico motivieren mit mir zur Moschee hinauf zu steigen. Das war eine wahre Gratwanderung. Denn Nico war alles andere als motiviert. Wir waren schon weit gelaufen und die Moschee war wirklich im entlegensten Winkel von Petra. Nico war schon fest entschlossen mich alleine da hoch klettern zu lassen, als wir einer sehr seltsamen Frau begegnet sind. Danach wollte er mich nicht mehr alleine gehen lassen und ich hatte keine Einwände.

Details, die man irgendwann zu übersehen beginnt weil es überall irgendetwas hat. Zentimeter um Zentimeter mit über 50 Kilometer Wegnetzwerk und noch viel mehr Winkeln, die für die Touristen nicht erschlossen sind.

Wir liefen also und liefen und liefen und irgendwann sahen wir in der weiten Ferne die Moschee ganz oben auf einem Gipfel. Und da trafen wir zum Glück auf eine Reisegruppe aus Frankreich. Sie waren gerade auf dem Abstieg, während wir uns nicht sicher waren wo der Weg genau durchführt. «Ganz einfach zu finden» und «1:30 Stunden hoch, na ihr vielleicht 1:15» meinte der Gruppenführer und er sollte auf die Minute recht behalten. Ausser das mit dem Weg finden. Hier ist fast nichts ausgeschildert. Wir folgen den Fussspuren und dann an einer Kreuzung, wo es in zwei Richtungen geht, ruft und plötzlich eine Frau von ganz oben und zeigt uns welche Weg wir nehmen sollen.

Fast so lang wie von den Fingerspitzen bis zu meinem Ellenbogen. Auf dem Weg zur Moschee hoch entdeckt.

Sie und ihre Tochter heissen uns oben willkommen. Sie tragen alte, vollkommen zerfetzte Kleidung und haben den Schlüssel für die Moschee. Wir trinken einen zuckersüssen Tee mit den beiden, lehnen allerdings das Brot ab, das sie uns anbieten. Jetzt bin ich froh, dass meine Hosen auch nicht komplett neu sind, sondern überall geflickte Löcher haben und mein Fotoapparat gut verstaut ist. Ich möchte ihnen nicht Reichtum demonstrieren. Wir lehnen das Brot ab, das sie uns anbieten und teilen stattdessen unsere Pistazien mit ihnen. Dann schenke ich ihnen noch die Teekräuter, die ich dabei habe.

Mit etwas mulmigem Gefühl verfolgen wir die Wolken, die sich langsam hinter der Moschee aufzutürmen beginnen. Wobei ich hier noch aufs Dach geklettert bin, da es eine Treppe gab.

Am Schluss fragen sie uns trotzdem für 1 JOD (2 Franken) für den Tee. Das schlechte Gewissen, das ich dabei in ihren Augen sehe versöhnt mich wieder. Dennoch, ein stolzes Volk, das sehr gastfreundlich gewesen sein muss ist dazu geworden, dass sie davon Leben müssen Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen und bei mir kommt da der Reflex hervor immer auf der Hut zu sein. Wenn einem hier jemand einen Tee anbietet, dann ist es niemals umsonst. Obwohl das eigentlich zu ihrer Kultur gehören würde. Es ist schwierig zu erklären. Ich habe den beiden sehr gerne mein Geld gegeben, sogar gerne noch mehr, aber es fühlt sich falsch an. Es gibt ein Abhängigkeitsverhältnis, das ungesund ist.

Moschee mit Sicht bis zum Toten Meer. Der Aufstieg hat sich gelohnt und wie.

Aber darum lasse ich Touristenorte auch oft aus. Weil die Begegnungen einfach anderer Natur sind. Die Frau und ihre Tochter waren zwar noch an uns als Personen interessiert, aber viele sind es nicht mehr. Wir können nichts zurück geben ausser Geld und zumindest in Petra hat das die Gier geschürt. Seis drum, der Ausblick von der Moschee aus war wirklich atemberaubend. Man sah bis zum Toten Meer und auch das Kloster konnten wir erkennen. Die Moschee selber war nichts besonderes, aber in ihrer Schlichtheit auch nicht störend.

Die glücklichen, aber sehr erschöpften Gipfelstürmer.

Dennoch sollte ich am nächsten Tag nochmals eine schöne Begegnung haben und zwar mit einer Beduinenfamilie, deren Kinder mich um Geld angebettelt haben. «Give me candy.» «give me money.» «only 1 JOD for 10 postcards.» Das waren die drei Sätze, welche die beiden Jungs auf auf Englisch konnten. Ich hielt mich an die Regel, die ich gelernt hatte. Kinder sollen spielen und nicht Dinge verkaufen und so begann ich stattdessen mit ihnen zu spielen. Ich zeichnete Figuren in den Sand und ignorierte ihr dazwischen aufkommendes Betteln. Achmed hiess einer der beiden. Er hatte diese grossen Augen und brachte mich zu seinen Eltern.

Blick aus einem der Gräber.

Dort gab es Tee, ich nahm an, obwohl ich genau wusste worauf ich mich einliess. Aber es gab mir die Freikarte das Familienleben zu beobachten. Sie wohnten in einer Höhle in der Nähe, verkauften alte Münzen, wie alle Beduinen hier. Diese fanden sie, wenn es jeweils regnete. Der Regen wusch sie frei. Abgesehen davon hatte ich den Eindruck, dass die Jungs ein gewisses Plansoll an Postkarten zu verkaufen hatten pro Tag. Achmed war gut darin und kam triumpfierend zurück. Bei mir hinterliess das eine gewisse Traurigkeit. Ich wollte sie schütteln und sagen «bietet einen richtigen Service an und die Touristen lassen euch gerne einen Teil ihres Geldes hier», aber ihr Englisch war nicht gut genug. Stattdessen fragte ich nach einem Weg zurück. Einem anderen als durch den Hauptsiq, denn ich brauchte etwas Zeit für mich. Ich kaufte noch eine Halskette und war damit tatsächlich zum Tee eingeladen, was ich als sehr schön empfand. Damit waren allen zufrieden und ich hatte den Kindern kein Geld gegeben.

Uuuund eine Komposttoilette mitten drin. Juhu.

Und es gibt einen zweiten Weg. Ein ganz enger Siq, davor kommt man an vielen bewohnten Höhlen vorbei. Ich bewegte mich vorsichtig, denn heute war ich alleine auf Streifzug. Es war unser letzter Tag hier und Nico war genug gewandert. Mit leicht mulmigem Gefühl stieg ich in die enge Schlucht hinein. Hier lag vor allem Abfall und es sah aus, als wäre die Schlucht bald zu Ende. Ich überwand mich aber und ging bis zur Biegung. Dahinter ging es weiter. Wieder Verzierungen. Neben mir stiegen die Felsen hoch. Ich ging weiter, vorangetrieben von der Neugierde, gebremst von einer Angst die mich zu umklammern begann. Bei der ungefähr fünften Biegung drehte ich um. Ich hatte Nico versprochen vorsichtig zu sein und wir mussten bald aus dem Zimmer auschecken.

Kochutensilien der Beduinen.

Ich eilte also zurück durch den Hauptsiq. So alleine sprachen mich die «Guides» ganz anders an und ich war guter Laune. «need a ride» – «do I look like I would need one?» Zauberte dem Pferdegespannführer ein breites Grinsen aufs Gesicht und wir waren uns sogleich einig, dass ich zurücklaufen würde. Etwas später setzte ich mich zu einem anderen Beduinen auf den alten Wasserkanal. Er bot mir eine Zigarette an und ich lehnte dankend ab. Da fielen die ersten Regentropfen.

Am dritten Tag bin ich so früh, dass die Läden vor den Königsgräbern noch geschlossen sind.

«Ist das nicht gefährlich hier» wollte ich wissen? Er verneinte. Schliesslich gibt es eine Drainage. Aber eine Drainage ist immer auf eine gewisse Wassermenge dimensioniert. Was wenn mehr kommt. Fragte ich mich still, ohne ihn weiter zu hinterfragen. Ich sprach noch einen Moment mit ihm, dann machte ich mich schnurstracks auf zum Ausgang. Am Schluss rannte ich und ich kam genau vor dem Hostel an, als es zu schütten begann.

Blick von oben auf das erste Grab, das man aus dem Siq erahnen kann. Mein Frühstücksort an Tag drei. Ganz alleine.

Wenig später krachte es und Menschen schrien. Wir sollten hier bleiben hiess es. Und da wusste ich, dass die Springflut gekommen ist. Zum Glück war ich nicht mehr in dem kleinen Nebensiq, der nicht dafür vorgesehen ist, das Menschen hindurch laufen, denn da durch wird ein Teil des Wassers abgeleitet. Dennoch wollte ich raus und sehen.

Erkundungstour im Nebensiq. Geradeaus geht es weiter und weiter und weiter. Aber wohin?

Braunes Wasser flutete die Bäume unten im Tal, die Brücke unterhalb unseres Hostels war überspühlt worden, hielt allerdings. Niemand kam mehr beim Hauptausgang von Petra raus. Andere Reisende erzählten, wie sie gerade noch ihr Auto retten konnten. Die Bilanz 3000 Touristen aus Petra evakuiert, die Drainage hielt. Das heisst die meisten kamen mit nassen Füssen und zum Teil einem kleinen Schock davon. 8 Tote in Jordanien insgesamt. Aber wo hatte es sonst noch geflutet?

Video zum Wasser, das Richtung Totes Meer stürzte. Vorher war die Brücke komplett überflutet gewesen. Hier ist es nur noch ein Rinnsal. Dennoch stehen die Leute auf der Brücke nicht an einem cleveren Ort.

Wir nahmen ein Taxi, welches uns unser Hostel organisiert hatte nach Amman. Ein Freund. Das Taxi kam 3.5 Stunden zu spät. Darin sassen zwei Österreicherinnen. Sie mussten zum Flughafen in Amman am nächsten Tag und wir waren froh endlich dem wohl schlimmsten Hostel, das ich je gesehen hatte in meinem Leben zu entkommen. Unser Taxifahrer war allerdings komplett verrückt. Plötzlich verlangte er das Doppelte des Preises welchen wir vereinbar hatten, was mich natürlich in Rage brachte. Da wusste ich noch nicht, dass ich es mit einem Choleriker zu tun hatte, bei dem ich wirklich aufpassen musste, dass er nicht gerade ausrastete. Wenige Augenblicke später sollte ich das allerdings noch lernen.

Wir sassen also im Auto, froh endlich losfahren zu können, aber dennoch mit einer gewissen Angst im Nacken, dass es unterwegs auch noch Fluten gab. Zwei Wochen zuvor waren 21 Personen gestorben. Im Süden hatte es an dem Tag noch einen Touristenbus erfasst und es war ein wirklich starker Regen gewesen. Allerdings vergass ich das schnell, als unser Taxifahrer neben einem anderen Auto stoppte und diesen zu verfluchen begann. Das andere Auto fuhr davon und er mit vollgas hinterher, bremste das andere Auto aus, stieg aus und begann Steine nach dem Auto zu werfen.

Wir beschlossen auszusteigen, konnten allerdings den Kofferraum nicht öffnen und da war er auch schon wieder zurück. Er machte richtig Angst. Ihm jetzt zu sagen, dass wir doch nicht nach Amman fahren würden, brachte bestimmt die totale Eskalation. Wir stiegen also wieder ein und Nico versuchte ihn zu beruhigen, während ich einfach den Mund hielt, denn ich wusste ganz genau dass ich nicht dazu fähig war diesen Mann zu beruhigen.

Und es gelang Nico tatsächlich. Nach einigen weiteren kleineren Ausbrüchen, wo er wie ein Irrer durch die Gassen von Wadi Musa fuhr, beruhigte er sich und die Fahrt ging ereignislos weiter. Ich döste sogar ein bisschen, als wir von der Polizei gestoppt wurden.

Überschwemmung von hier bis nach Amman. Toll, die zwei österreicherinnen mussten ihren Flug erwischen. Unklar wann die Strasse wieder aufgeht, unklar ob es noch mehr Regenfälle gibt. Aber ein netter Jordanier, der sich für alle Jordanier entschuldigte, uns aber kein Stückchen weiter half, obwohl er perfekt Englisch sprach. Aber er war da mit seinen internationalen Freunden, die er aus einem Studienaustausch kannte. Sie gingen in einen Ort in der Nähe, während ich dachte dass dies der perfekte Augenblick ist unseren Taxifahrer endlich los zu werden, ohne dass er das Gesicht verlor. Aber ich war die einzige von uns vieren. Die anderen wollten das tun, was die Polizei ihnen sagte, aber der Taxifahrer hatte als allererstes mit der Polizei gesprochen. Und ich sah sein Gesicht dabei. Ich bin mir ganz sicher, dass die Polizei nicht das gesagt hat, was uns Touristen half. Es kümmerte sie kein bisschen als kurz darauf ein Auto rückwärts in mich hinein fuhr, als ich etwas aus dem Taxi holen wollte. Ich merkte es erst gar nicht war so geschockt, doch dann kamen die Rückenschmerzen und der Nacken.

Und unser Taxifahrer war bereit Profit aus unserer Lage zu schlagen. Der Preis vervielfachte sich plötzlich auf wundersame Weise. Ich bot ihm an uns einfach da zu lassen. Sie lachten uns aus. Hier könnt ihr nicht bleiben. Und ob ich hier hätte bleiben können! Es gab ein Dach, ich hatte meinen Schlafsack und hier schienen wir zumindest einigermassen sicher vor der Flut. Spätestens am nächsten Morgen würde uns irgendjemand ein Taxi rufen können oder ein Bus aufschnappen. Dass Autostop illegal ist in Jordanien wusste ich damals noch nicht. Aber ich hätte es vielleicht erfahren. Doch wurde ich überstimmt. Die Strasse war wieder halb frei gegeben. Das heisst die Polizei hielt uns nicht mehr aktiv zurück. Die drei anderen wollten nach Amman und ich gab mich schlussendlich geschlagen. Was wir unterwegs sahen war beeindruckend. Auto um Auto lag neben der Strasse umgedreht, voll mit Schlamm und das an Stellen, wo niemand erwartete hätte, dass es einen Oberflächenabfluss geben würde. Die Nachrichten aus Jordanien: Die Saudis sind Schuld, denn der Regen fiel dort. Grossartig. Und um zu zeigen, dass sie etwas unternahmen, schlossen sie am kommenden Tag alle Sehenswürdigkeiten im Land. Auch jene, die komplett unberührt vom Regen waren. Wir standen im Stau, warteten, schauten auf die Fahrzeuge und trafen später ein Taxi, das unseren Fahrer anscheinend kannte. Er sollte gerade einen Lastwagen überholen, doch dieser Lastwagen wollte das Taxi nicht überholen lassen. Es war eindeutig. Mehrmals versuchte es das Taxi, doch der Lastwagen zögerte nicht beim Versuch es von der Strasse zu stossen. Sind hier eigentlich alle irre?

Nun ihr hört es, obwohl wir schlussendlich heil in Amman ankamen und zweimal grosses Glück hatten, einmal weil ich etwas früher aus Petra raus gegangen bin und dann dass unser Taxi 3.5 Stunden Verspätung hatte und wir selbst nicht von der Flut erfasst wurden. Aber ich war mit den Nerven fix und fertig. Konnte nur noch darüber lachen. Es erschien alles so komplett surreal. Aber eines war klar, ich würde froh sein Jordanien bald wieder zu verlassen und das obwohl mich Amman beinahe wieder damit versöhnte. In Amman waren die Leute viel entspannter, es drehte sich nicht alles um den Tourismus und wir assen ausgesprochen gut. Dennoch weinte ich keine einzige Träne, als wir über die Allenby Crossing Grenze zurück nach Israel und Palästina gingen.

Und hier noch ein paar Bilder, damit der Abschluss ein bisschen versöhnlicher ist:

Beduinenbehausung in einem ehemaligen Grab.

Vogelperspektive auf die Römischen Ruinen.

Früher gabs noch Marmortafeln um die einzelnen Orte zu beschriften.

This entry was posted in Deutsch. Bookmark the permalink.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *