“Communications”
Lake View Youth Hostel in Chichiba, unter mit erschreckte sich ein dreckig-brauner Stausee, der meine Erwartungen keineswegs erfüllte, liess ich den Blick jedoch etwas weiter auf die Berge schweifen entschädigte mich dieser sogar noch für den langen Weg der Strasse entlang bevor mich ein Bauarbeiter in seinem Auto mitgenommen hat. Etwas später genoss ich das Panorama aus dem heissen, wunderbar entspannenden Sprudelbad der Jugendherberge und liess mich einfach gehen.
Nach dem Abendessen klopfte es an meine Tür. “Communications” der Wirt winkte mich mit sich. Es hatte nämlich einen Gast gefunden, der etwas englisch sprach und mit dessen Hilfe ich ausgefragt und vor einem weiteren heranziehenden Taifun gewarnt wurde. Bei Bier, Nashibirnen und Getrocknetem Fisch konnte ich mich schön zurücklehnen. “Wie gefällt dir Japan?” – “Die Japaner, die Sprache, das Essen…?” – … – ” Du solltest einen Japaner heiraten.” Schlussfolgerte die Wirtin.
Safety
Sicherheit steht ganz zu oberst in Japan. Ich wurde bloss zu oft gefragt, ob ich denn gar keine Angst hatte. So auch dieses mal. Fürsorglich kümmerte sich das ältere Besitzerpaar der Jugendherberge um mich, sie packte mir einen Lunch für meine Wanderung ein, er fuhr mich bis zum Ende der Luftseilbahn dem Mitsuminesan. Dieser Sicherheit all und überall wollte ich endlich mal entfliehen. Nach wenigen Metern Marsch begrüsste mich bereits die erste Schlange mit einem bedingt freundlichen Zischen. Unendliche viele Warnschilder zierten den Weg, doch die liessen mich kalt, denn abgesehen von der Zeichnung mit dem Bären verstand ich sowieso nichts davon. Ich konnte es nicht lassen doch noch einen Umweg zu einem Schrein einzubauen, etliche Höhenmeter rauf und runter, alles durch lichten Wald über Wurzeln und Steine hinweg. Die Sonne kitzelte mich durch das Blätterdach hindurch. Ein überwältigendes Panorama. Oft lief ich auf einem schmalen Grat und konnte in allen Richtungen den Himmel und die angrenzenden Berge sehen. Diese Berglandschaft erwies sich als Paradies für jeden Pilzsammler, wobei ich nicht besonders viele Pilze kannte und liess es tatsächlich sein einfach wild darauf los zu probieren. Dass es bloss eine Frage der Zeit war, bis das Wetter umschlagen würde war mir jedoch durchaus klar.
Lonely Planete (damals war Lonely Planete noch lonely)
Der Wind fegte durch die Bäume, liess sie bedrohlich schwanken und knarren, während Regen auf meinen Schirm nieder prasselte. Die ganze Szene hatte eine wilde Schönheit. Den unbändigen Gewalten der Natur ausgesetzt über Wurzeln und glitschige Steine zu klettern, ganz alleine, ohne einer Menschenseele zu begegnen, die Grenzen meiner körperlichen Kräfte auszutesten. Die Elemente förmlich zu spüren. Bei einer kurzen Rast schien mir der Reis das köstlichste Essen auf Erden zu sein. Kurz darauf gings weiter den unverständlichen Wegweisern nach. (Das einzige was im Alphabet beschriftet ist sind die lateinischen Namen sämtlicher Bäume und Pflanzen). Sechs Stunden nach meinem Start auf dem Mitsuminesan erreichte ich die Rettungshütte auf dem Kumotorisan (2017 m.ü.M). Der Rucksack hatte meine Nackenmuskulatur in Drahtseile verwandelt, ich spürte meine Knie vom bergab laufen kaum mehr und war ziemlich erschöpft. Zudem endete hier meine Landkarte. Ich hatte den Taifun im Nacken und keine Ahnung wie gefährlich dieser sein würde, doch schlussendlich siegten die müden Beine und der Gedanke, dass ich den Sonnenaufgang in den Bergen sehen könnte und ich blieb in der Hütte. Zu meiner Erleichterung tauchten später noch zwei Japaner auf. Vater und Sohn. Beide sprachen kein Englisch, ausser einen Satz: “We are crazy.” Wir breiteten also unsere Schlafsäcke aus, versuchten uns im Schein einer Kerze noch etwas zu verständigen und ginge bald darauf schlafen. Zornig pfiff der Wind um die Hütte und Sturzbäche von Wasser prasselten auf das Dach nieder, doch innen blieb es gemütlich.

Die beiden Japaner und ich beim Picknick am nächsten Tag. Vom Sohn habe ich einen Kompass erhalten. Er ist sozusagen Schuld daran, dass ich beim Reisen immer einen Kompass auf mir trage.
Sonnenaufgang in den Bergen
Ein Zufall, dass dieser Morgen genau die Halbzeit meiner Reise war? Eine bezaubernd wilde Morgenstimmung herrschte. Zartes Rot und dunkle Wolken. Tanzende Nebel hüllen die Berglandschaft in einen gespenstischen Mantel. Irgendwann geht die Sonne auf und es wird Zeit wieder aufzubrechen.
Der Wind flaute langsam ab und nur noch die umgestürzten Bäume und heruntergefallenen Äste zeugen vom nächtlichen Taifun. Ansonsten brach ein wunderbarer, viel zu sonniger und heisser Tag an, der sogar den Blick auf den Stolz meiner beiden japanischen Begleiter, den Fujiyama, frei gab.
Von Mitsuminesan über Kumotorisan nach Oku-Tama und wieder zurück in Kasukabe
Das ist ja sehr spannend, liebe Mariane, aber wo steckst du jetzt? In einer Berghütte mitten im Taifun, die über nichts als einen Internetanschluss verfügt?
Einen sicheren Tag wünscht dir
Bernhard
Hallo Mariane.
Danke villmol fuer din brief haet mi uu gfreut.
Ueberhaupt verfolg i din Japan Ufenthalt mit. I freu mi immer wieder wenn oepis neus stoht.
Cu soon.
Katrin