Japan und der Kommunismus

Mein Eindruck war, dass Japan dem Kommunismus oder Kommunisten (共産主義者) gegenüber nicht gerade freundlich eingestellt ist. Und dennoch hatte ich einige Berührungspunkte damit könnte man sagen. Der erste war im Kumano-Ryo, dem Studentenwohnheim in dem ich in Kyoto gewohnt hatte. Es hatte nämlich den “schlechten” Ruf Kommunisten, “Menschen die Krawall machen zu beherbergen”, und dem muss ich vehement widersprechen. Die meisten Studierenden dort haben einfach nur extrem hart gearbeitet, weil ihre Eltern eben nicht so reich waren. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich die Meisten als eher un- oder gar apolitisch bezeichnet hätte. Was ich dagegen beobachten durfte ist, dass sie selbstständiger sind als Gleichaltrige, etwas kritischer denkend, weltoffener, anspruchsloser und improvisationsfreudiger. Allerdings habe ich natürlich auch nur einen kleinen Teil der Bewohner kennen und schätzen gelernt, denn wie gesagt meistens haben sie einfach nur sehr hart gearbeitet, um das Studium zu finanzieren und gleichzeitig noch Bestnoten zu schreiben. Allerdings habe ich jene kennen gelernt, die von sich aus auf mich zugekommen sind, was natürlich schon von einer zusätzlichen Neugierde zeugt.

Meine Vorliebe für Abgrenzungen kommt wieder einmal zu Tage.

Der zweite Berührungspunkt war unerwarteter und ist auch der Grund, warum es hier nur stellvertretende Fotos von einem morgendlichen Ausflug mit Fabian gibt. Ich musste nämlich meine Aufenthaltsbewilligung erneuern. Das war nicht gerade einfach, denn eigentlich niemand im Immigrationsbüro sprach Englisch. Immer wieder musste ich hoffen, dass ich richtig verstanden habe und nicht aus sprachlicher Inkompetenz irgendeine Falschangabe gemacht habe. Danach habe ich mich gefragt, ob das in der Schweiz ähnlich ist, dass Beamte relativ schlecht Englisch sprechen. Mir würde das ja nicht auffallen. Und auch in Japan ist es mir vor allem im Kontrast dazu aufgefallen, dass Hausvermieter, Taxiunternehmen und andere Geschäfte, deren Kundschaft potenziell auch aus dem Ausland kommt, extra Ausländer anstellen, damit jemand perfekt Englisch spricht, jedoch nicht die Verwaltung.

Der Skytree durch ein paar Grashalme hindurch.

Wer Asterix kennt, kennt vielleicht die Szene wo sie von einem Schalter zum nächsten gejagt werden und genau so ging es mir auch auf dem Immigrationsbüro (dieses Bild habe ich irgendwie auch von der ehemaligen Sowjetunion im Kopf). Irgendwie war ich amüsiert. Vor allem als ich gemerkt habe, dass ich sowieso nichts ändern kann, sondern einfach den ganzen Tag mit Warten und zu verschiedenen Schaltern gehen verbringen werde. Ein Tag reichte allerdings nicht aus, denn ich hatte die falschen Dokumente.

5 Uhr morgens in Tokyo.

Damit wurde die Zeit langsam knapp dachte ich. Aber ich habe einen Stempel auf der Rückseite meiner Residence Card erhalten und wenn ich die Erklärung richtig verstanden habe, so erlaubte mir dieser Stempel meinen Aufenthalt um drei Monate zu verlängern. Ich versuchte als ruhig zu bleiben und vertraute darauf, dass ich richtig verstanden hatte. So richtig ruhig wurde ich allerdings erst, als ich damit auf dem Kreisbüro registrieren konnte und die extrem hilfsbereite Dame sogleich zu verstehen gab, dass das ok ist.

Der Skytree. Eines der Wahrzeichen von Tokyo and dem ich mehrmals pro Woche vorbei laufe.

Damit zog ich in eine WG in Asakusabashi ein. Mit einer Japanerin (Namiko) und zwei Japanern (Ushi und Kitaken). Alle drei sind sehr spannend und cool. Und wieder einmal hatte ich ein riesiges Glück, denn Rise (meine Mitbewohnerin aus dem Kumano Ryo in Kyoto) hat mir diese WG vermittelt. Denn in Japan sind WGs meist nicht öffentlich ausgeschrieben. Es gibt schon shared houses, aber das ist eher so Studentenwohnheim mit einer unendlich langen Liste an Regeln wie z.B. kein Besuch auf dem Zimmer. Damit war dieses Thema shared house dann für mich auch schon abgehakt gewesen. Also ich hätte es als Übergangslösung in Erwägung gezogen so lange sowieso niemand aus der Schweiz einreisen kann, aber es wäre für mich undenkbar gewesen, wenn ich niemanden zu mir einladen kann. Wobei das oft auch in Studios verboten ist. Wie war das: andere Länder andere Sitten. Ja, da erkennt man dann schon den europäischen Individualismus in mir. Wie es wohl die Japaner sehen würden.

Und noch ein letztes Sonnenaufgangsbild, damit es sich wenigstens gelohnt hat so früh aufzustehen. 😉
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