el dorado

In Genf hat mich meine Chefin als naiv bezeichnet, da meine Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft nie auf mich zurückkommen würde. Es lohnt sich nicht, hat sie gemeint. Mich haben die Worte damals traurig gestimmt.
Hier habe ich gelernt wie Unrecht sie hatte, denn ich erfahre bloss Liebe, Liebenswürdigkeit, Hilfsbereitschaft und Grosszügigkeit. Viel mehr als ich mich im Stande fühle jemals zurückzugeben. Doch es scheint gar niemand zu erwarten, etwas zurückzubekommenen. Sie sehen wie ich mich freue und gerührt bin, dann lachen sie mit mir, teilen meine Erlebnisse und scheinen zufrieden zu sein.

Gestern gingen wir in ein Antiquitätengeschäft. Zuerst wurden wir in die “Stube” gebeten. Sakurako, die Besitzerin des Ladens brachte Tee und japanische Süssigkeiten während ihr Vater Geschichten über die einzelnen Gegenstände erzählte und uns deren Zweck demonstrierte. (muss ich noch erwähnen, dass das ganze natürlich auf Japanisch war…) Gut drei Stunden verbrachten wir beim gemütlichen Zusammensitzen. Dann gings ans verabschieden. Die Besitzerin brachte mir drei Teller und zwei Dinge, deren Namen mir wieder entfallen sind und schenkte sie mir. Es schien ganz natürlich zu sein, dass wir nichts kaufen.
Wohin ich hier komme werde ich willkommen geheissen, beschenkt. Alles scheint mir wie ein Traum zu sein. Viel zu schön um wahr zu sein. Der nächtliche Hamamako (ko=see), die Lichter, Freunde, traumhaftes Essen, die Landschaft, Buddhistische Tempel, Schreine, einfach alles.

Haus in einer Tempelanlage.

Am Abend wurde ich von Satomis Eltern in ein Restaurant eingeladen. Ein meterlanges Holzschiff, mit Gemüse, rohem Fisch und fünf zappelnden ebi (shrimps) geschmückt, wurde auf den Tisch gestellt. Auf Ästhetik wird hier sehr grossen Wert gelegt. Das Schiff war ein wahres Kunstwerk. Nur die armen ebi, das verstehe ich nicht.

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2 Responses to el dorado

  1. Barbara says:

    Liebe Mariane

    Ich kann gut fühlen, wie Du Dich fühlst. Mir ist es in Vietnam ähnlich ergangen, ich war auch sehr beeindruckt von der Freundlichkeit der Menschen dort.
    Im Gegensatz zu Deiner Ex-Chefin glaube ich auch, dass man mit Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft besser durchs Leben geht, es kommt immer etwas zurück.

    Herzliche Grüsse, Barbara

  2. Hübli says:

    Antiquitäten? Die nette Dame hat dir nicht zufälligerweise auch ein altes Katana geschenkt? 😀
    Naja, da du ja eher ohne Samuraischwert für mich zurückkommen wirst, hab ich mir anderweitig Gedanken gemacht, wie ich zu nem hübschen Schwertchen kommen könnte. Und ich hab sogar ne Idee… 😉

    Auf jeden Fall bin ich richtig glücklich, dass ich kein Japaner bin. Sonst müsste ich ja auch noch höflich und freundlich und hilfsbereit etc. sein, stell dir das mal vor! *g*

    hübli

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